Zweirädrig in die Reisterrassen


Was das Radfahren in China betrifft, sind wir wahrlich keine Novizen und über die Jahre hinweg werden sich einige Tausend Kilometer, die wir mit dem Fahrrad zurückgelegt, angesammelt haben. Tatsächlich nutzen wir das Zweirad sehr oft, ob zum Einkauf, zur Arbeit oder als sportliche Abwechslung zum Laufband im Fitness-Studio… Mehrtägige Radtouren kommen uns hingegen nicht in den Sinn, vielleicht weil China kein Land ist, das wir mit (entspanntem) Radfahren verbinden, der Verkehr in den Städten ist gruselig, die Luft nicht selten alles andere als atembar, bis vor wenigen Jahren war es nicht so einfach, im Land halbwegs brauchbare Ausrüstung zu bekommen und der Transport eines Drahtesels zum Ausgangspunkt einer Tour ist/war alles andere als unkompliziert.
Möglicherweise ist Covid-19 der Auslöser oder die Unlust, „normale“ Verkehrsmittel zum Reisen zu bemühen, für den Winter 2020 haben wir uns spontan dazu entschlossen, zum x-ten Mal nach Yunnan zu fahren und hier einen kleinen Versuchsballon mit der Aufschrift „Radreise“ fliegen zu lassen.

Zahlen & Fakten
  • Lage: Südosten der Provinz Yunnan
  • Länge: Kunming Xinjie (Reisterrassen): ca. 380 Kilometer
  • Dauer: ca. 7 Tage
  • Max. Höhe: 2184m, Schönfrauen-Berg (美女山), etwa 10 Kilometer vor Chengjiang am Fuxian-See
  • Höhenmeter: 4880m 5190m
  • Beste Reisezeit: Ganzjährig, Kunming und die Reisterrassen bei Xinjie liegen im subtropischen Teil Yunnans, besonders im Winter herrschen hier angenehme Tagestemperaturen, lediglich die Nächte können kalt werden. In den Wintermonaten sind die Reisfelder Yuanyangs mit Wasser geflutet, was hervorragende Fotogelegenheiten bietet/bieten könnte. In den Sommermonaten kann die Tour, da sehr bergig, zu einer schweißtreibenden Angelegenheit werden, zudem sind Regenwahrscheinlichkeit und die Luftfeuchtigkeit erheblich höher.
  • Schwierigkeit: Fitness | Höhenprofil
    Die Tour ist nicht einfach. Besonderes, fahrerisches Können ist nicht erforderlich, allerdings machen sehr lange Anstiege eine solide Grundkondition notwendig.
  • Zur Orientierung und Übernachtung, s.u.
Tourenkarte Kunming – Xinjie


Vorbereitung

Yunnan drängt sich schnell als Reiseziel auf, schöne Natur und interessante Kultur, freundliche Menschen und gutes Essen nebst anständiger Infrastruktur machen den Besuch dieser Provinz stets lohnenswert. Die weiteren Vorbereitungen beschränken sich fast ausschließlich auf eine Internetrecherche zu Fragen wie Rad- und Sportgeschäfte in Kunming, welche Route ist angemessen und/oder interessant und gibt es unterwegs Übernachtungsmöglichkeiten. Da das Web insbesondere auf die Frage, ob die Anmietung von Fahrrädern möglich ist, wenig erhellend ist, planen wir zweigleisig, d.h. im „schlimmsten Fall“ wird es ein Wanderurlaub mit dem Rucksack werden. Apropos Internetrecherche, die von einem Expat 2005 in Kunming gegründete (englischsprachige) Webseite GoKunming ist eine wahre Fundgrube für den Yunnan-Reisenden und hier werden wir fündig: der Fahrradladen der Brüder Xiong (熊氏兄弟自行车) in der Unit 5, 51 Beimen Jie in Kunming (昆明北门街51号附5号) soll Räder verleihen (so die Info aus 2014…). Noch etwas zur Route: unseren ursprünglichen Plan, bis nach Xishuangbanna (西双版纳) in die Nähe der Grenze zu Myanmar zu fahren, geben wir wegen dortigen Corona-Regeln schnell auf. Mehr als fraglich ist nämlich, ob die „Grenzen“ dieses Distrikts tatsächlich für Ausländer offen sind. Ist aber auch wurscht, der neue Plan ist, nach Südosten in die Reisterrassen von Yuanyang zu fahren, vielleicht hat sich die Lage in Xishuangbanna bis dahin etwas entspannt…
Übrigens: unter Radreisen in China gibt es ein paar grundlegende Infos.

Tag 0 – Kunming

Unser Plan ist ja, wie geschrieben, in Kunming Fahrräder anzumieten. Sollte das nicht funktionieren, besteht die Idee, Räder zu kaufen und bei Rückkehr wieder zu verkaufen. Dieser Plan ist jedoch die letzte Option, denn gebrauchte Dinge zu verschenken, ist in China leicht, sie zu verkaufen hingegen nicht. Wir haben mit der Miete aber Glück, die Infos aus 2014 sind bis ins Letzte noch aktuell. Die Anmietung funktioniert reibungslos, die Brüder (eine Institution in Kunming) sind sehr hilfreich und jetzt gilt es nur noch, ein paar Ausrüstungsgegenstände zu erwerben, die uns entweder gänzlich fehlen oder die wir in Shanghai zurückgelassen haben. Eine ganz gute Adresse für den Last-Minute-Kauf in Sachen Sportartikel ist Decathlon, die große französische Kette, die allenthalben in chinesischen Großstädten zu finden ist und die sich bei den Einheimischen (warum auch immer) einiger Beliebtheit erfreut. Die Waren sind zwar nicht – unser Empfinden – die erste Wahl, aber das Angebot ist groß und die Preise sind moderat. Helme, Handschuhe, Beleuchtung und ein paar Ersatzteile füllen eine große Tasche, später werden wir bei den Gebrüdern Xiong mit Radtaschen versorgt und der nicht genutzte Stauraum in diesen wird mit Lebensmitteln vollgestopft, als ob wir in eine Gegend führen, in der es nichts zu essen gibt. Egal, wir haben alles, was wir zu brauchen glauben, jetzt heißt es nur noch auf den Startschuss zu warten.

Kunming / Yunnan
Blick über Kunming
Mieträder / Yunnan
Mieträder der Brüder Xiong

1. Etappe – Kunming nach Chengjiang

05:05 h

Netto-Zeit

65,7 km

Kilometer

12,9 km/h

Durchschnitt

450 m

Aufstieg

610 m

Abstieg

Die ersten 30 Kilometer quer durch Kunming sind wenig anregend, viel Verkehr, wir teilen den Radweg mit allen denkbaren Arten von Fahrzeugen, indes: die Strecke ist flach und wir kommen – trotz eines Umwegs dank veralteter Karten – schnell vorwärts. In einer Garküche im Neubaugebiet Majintong (马金铺街道) wird eine Mittagspause eingelegt, mit vollem Bauch geht es 7 Kilometer hinauf zum höchsten Punkt der gesamten Tour (2184m, am Schönfrauen-Berg, 美女山), belohnt wird man mit einer ebenso langen Abfahrt und schönen Ausblicken auf Chengjiang (澄江市) und den Fuxian See (抚仙湖). Chengjiang ist…, eine chinesische Stadt eben, was uns allerdings auffällt: eine der saubersten, die wir je in China gesehen haben. Alle 100 Meter steht ein Papierkorb und gleich daneben eine Warntafel, dass das Spucken auf die Straße zu unterlassen sei…
An diesem Tag kommen wir in einem riesigen Ressort-Hotel unter (Shanzihu Hotel, CNY 170), das sich vor allem durch eine grandiose Aussicht auf den Fuxian See auszeichnet.

Fuxian-See / Yunnan
Hotelblick auf den Fuxian-See

2. Etappe – Chengjiang nach Lufeng

03:45 h

Netto-Zeit

43,7 km

Kilometer

12,5 km/h

Durchschnitt

520 m

Aufstieg

470 m

Abstieg

Der Fuxian See, der drittgrößte (Yunnan) und dritt tiefste (China) Frischwassersee erfreut sich insbesondere in den Sommermonaten bei gestressten und erhitzten Kunmingern großer Beliebtheit. Das Wasser des Sees ist kristallklar, an den Ufern können mehrere alte Fischerdörfer besucht werden, sofern sie noch existieren. Auch am Fuxian See macht der Fortschritt nicht halt, mehr und mehr müssen diese alten Siedlungen der Moderne und Hotelanlagen weichen und werden kurzerhand abgerissen. Neben den Dörfern gibt es einige Tempel, Feuchtgebiete und mehrere Vergnügungsparks, Bootsverleihe und alles was sonst noch nötig ist, um die Langeweile zu vertreiben, die sich einstellt, wenn man sich am sich kräuselnden Wasser sattgesehen hat. Am Südende des Sees liegt die einzige Insel, der „Lonely Mountain“ und der „Fischgrenzstein“ (mit Park). Der Fuxian-See ist mit dem weiter südlich liegenden Xingyun-See über einen Fluss verbunden, die in beiden Seen lebenden Fische kehren an dieser Grenze aus dem Fluss immer wieder in ihr eigenes Gewässer zurück. Noch ein Tipp: Es lohnt sich, an der Ostseite des Sees in Richtung Süden zu fahren, die Straße ist (obgleich gut in Schuss) viel weniger befahren. Am Ende des Tages kommen wir in einem netten Hotel in Luju Town, Zhongba Dorf, unter (nicht einfach zu finden), einzige, aber interessante Attraktion des Dorfes ist eine Fahrt/Wanderung in die östlichen Berge mit grandioser Aussicht auf den Fuxian See.

Fuxian See / Yunnan
Fuxian See

3. Etappe – Luju nach Qujiang

04:49 h

Netto-Zeit

62,3 km

Kilometer

12,5 km/h

Durchschnitt

530 m

Aufstieg

960 m

Abstieg

Für die folgenden fünf Tage werden wir die Sonne nicht wiedersehen, Kälte und Nässe geben sich ein Stelldichein. Die nächsten 20 Kilometer auf der XF25 führen uns durch Farm-Hochland bis zum Qilu-See, einem der neun Hochland-Seen im Süden Yunnans, der zwar nicht an die Attraktivität des Fuxian-Sees heranreicht, dessen Wasserqualität trotz extensiver landwirtschaftlicher Nutzung aber in den letzten Jahren verbessert werden konnte und jedes Jahr mehr Zugvögel anlockt. In einem Dorf am Qilu-See, in dem der vorherrschende Geruch der von Frühlingszwiebeln (etwas anderes scheint hier nicht angebaut zu werden) gibt es in der Dorfküche ein Mittagsmahl, Yangguang an der Südspitze des Sees lohnt keinen Aufenthalt (von zwei Klöstern am Ortsausgang vielleicht abgesehen), wenig später ist Lishan erreicht, eine kleine Siedlung, die sich besonders durch den Anbau und Verkauf von Bonsai-Bäumen auszeichnet und kurz hinter dem Ortsausgang werden wir für unsere bisherigen Bemühungen mit einer fast acht Kilometer langen Abfahrt bis nach Gaoda (高大) belohnt. Den Plan, hier zu übernachten, geben wir schnell auf, es ist noch zu früh am Tag, der Ort bietet nicht viel und das einzige Hotel hat kalte, wenig ansprechende Zimmer. Im 10 Kilometer entfernten Qujiang (曲江) ist etwas mehr los, na ja, nicht wirklich, aber es gibt zwei Hotels und das erste (in der Nähe des Krankenhauses Nr. 2) ist durchaus ansprechend, wenn auch etwas verräuchert. Egal, die Leute im Ort sind zurückhaltend, aber freundlich und im nahen Restaurant überschlagen sie die Angestellten fast, es den Ausländern, die hier wohl selten zu sehen sind, recht zu machen.

Bauernhof bei Gaoda / Yunnan
Bauernhof bei Gaoda

4. Etappe – Qujiang nach Jianshui

04:05 h

Netto-Zeit

51,7 km

Kilometer

12,8 km/h

Durchschnitt

520 m

Aufstieg

520 m

Abstieg

Der Abschied von Qujiang fällt nicht so schwer wie gedacht, wenig außerhalb der Stadt müssen wir das Regenzeug bemühen und Obacht geben, nicht auf den seifigen Straßen auszugleiten. Bis auf eine kleine Abfahrt geht es für die nächsten 20 Kilometer nur noch bergauf. Nach vielleicht einstündiger Fahrt durch hügeliges, landwirtschaftlich genutztes Terrain gibt es eine kleine Zwangspause, die durch eine Beerdigungszeremonie mitten auf der Straße verursacht wird. Der Höhepunkt dieser Etappe ist bei Lihaozhai (李浩寨, 1661m) erreicht, eine kleine Ortschaft, die an der Zollstation zum Tonglian Expressway liegt. Mitten im Ort essen wir zur Freude der Einheimischen zu Mittag, bis Nanzhuang, einem Vorort von Jianshui geht es auf der S214, die jetzt dem Verlauf der Autobahn folgt, sanft bergab, nach zehn Kilometern werden die Hände von der Bremserei gehörig schmerzen. Die letzten 15 Kilometer bis nach Lin’an, dem Altstadtteil Jianshuis, führt der Weg durch wenig inspirierende Außenbezirke der Stadt und zur Kaffeezeit erreichen wir das Osttor (Chaoyang Tower), holpern über grobes Kopfsteinpflaster bis zum Westtor und tauen unter der Klimaanlage unserer Unterkunft langsam wieder auf.

Anstieg von Qujiang
Anstieg von Qujiang

Tag 5 – Pausentag in Jianshui

Der Ruhetag in Jianshui wird zum einen als Waschtag verwertet (die Wäsche wird bis Yuanyang nicht trocken werden), der Rest des Tages ist dem Besuch der schönen Altstadt, den berühmten Brunnen und einer Tofu-Manufaktur vorbehalten, und selbst eine Spritztour nach Tuanshan, einem alten Dorf aus der Qing-Dynastie, und zu den alten Steinbrücken am Nanpan-Fluss lässt sich in das enge Zeit-Korsett quetschen. Jianshui, s.d. hier, ist nach unserem Dafürhalten noch ein bisschen abseits der ausgetretenen Touristenpfade und auf jedem Fall ein lohnenswertes Ziel im Süden Yunnans.

Tor zur Hanlin-Lu / Jianshui
Tor zur Hanlin-Lu / Jianshui

6. Etappe – Jianshui nach Yuanyang

06:12 h

Netto-Zeit

79,7 km

Kilometer

13,1 km/h

Durchschnitt

1120 m

Aufstieg

2210 m

Abstieg

Eigentlich…, ja, eigentlich ist eine Etappe dieser Länge nicht beabsichtigt, im ca. 40 Kilometer entfernten Potou (坡头村) soll das Haupt zur Ruhe gebettet werden. Als wir Jianshui verlassen, ist der Himmel grau und die Temperaturen schneidend kalt. Mehrere tausend Meter geht es durch ländliches Gebiet und Nebel, dann schraubt sich die S214 bis kurz vor Potou auf knapp 2000 Meter hinauf, und trotz der Kälte rinnt der Schweiß die Stirn hinab. Als wir in Potou einrollen, sieht man die Hand vor den Augen nicht und es setzt ein eiskalter, nadelfeiner Regen ein, der uns am Ende des Dorfes in ein Restaurant treibt, das wohl zugleich die einzige Herberge des Ortes ist. Irgendwie erscheint uns alles sehr nass und kalt und wir sagen nach gutem Mittagsmahl (welches auch schneller erkaltet, denn gekocht) den Inhabern Lebewohl und lassen uns für die nächsten dreißig (!) Kilometer talwärts zum Roten Fluss (Honghe, 红河) rollen. Diese Abfahrt wird in unsere Radler-Annalen nicht nur als die längste eingehen, sondern auch als die kälteste. Nach 15 Kilometern sind wir trotz mehrerer Lagen inadäquater Kleidung steifgefroren und müssen besorgen, nicht vom Rad zu fallen und in tausend Teile zu zerspringen. Wie auch immer, auf den zweiten 15 Kilometern wird es mit abnehmenden Höhenmetern etwas wärmer und kurz vor dem Roten Fluss (der auch Namensgeber des Distrikts, einer Zigaretten- und Brausemarke und tausend anderer Sachen und nur manchmal rot ist) geraten wir in eine Baustelle gigantischen Ausmaßes (eine neue Autobahnbrücke wird errichtet), fahren Slalom in einer unübersehbaren Lkw-Armada, die wie Bienen um die Baustelle herum summt und haben Mühe, das Rad auf der verschmutzten Straße in der Vertikalen zu halten. Eine Weile noch folgen wir dem Honghe nach Südosten, bevor wir Nansha (Yuanyang) erreichen, per App ein Hotel buchen und uns auf den nächsten Tag als letzte Etappe freuen.

Jianshui - Umgebung
Ländliches Umfeld von Jianshui
Aufstieg nach Potou
Aufstieg nach Potou
Schlechtwetter bei Potou
Schlechtwetter bei Potou

7. Etappe – Yuanyang nach Niujiaozhai

04:00 h

Netto-Zeit

31,7 km

Kilometer

10,1 km/h

Durchschnitt

1220 m

Aufstieg

80 m

Abstieg

Eine Navigations-App für das Smartphone ist eine feine Sache, wenn man sich in ihrer Bedienung versteht, die winzig kleinen Wörter und Zahlen erkennen kann und sich nicht von Straßenschildern irritieren und/oder ablenken lässt. Uns fehlen all diese Fähigkeiten und so fahren wir lieber aus Nansha heraus und einen Umweg. Noch in Nansha führt nämlich eine Straße, nennen wir sie S214 (die Bezeichnung auf online-Karten ist leider auch nicht einheitlich, aber der Anfang ist hier: N 23.229087, E 102.818502) direkt nach Xinjie und in die Reisterrassen. Wir hingegen verlassen uns lieber auf die Schilder am Wegesrand, radeln erst aus Nansha heraus, um uns dann auf dem Yuanlü Highway (Beginn hier: N 23.239345, E 102.800725) die Straße mit dem Schwerlastverkehr zu teilen. Zur Rettung unserer Ehre sei gesagt, dass wir bloß 12 Kilometer mehr und nur 400 zusätzliche Höhenmeter… Aber eigentlich ist das auch egal, denn schließlich ist der Weg das Ziel und nicht umgekehrt!
Der Yuanlü Highway wird sich für 30 Kilometer entlang eines Flusses in die Berge winden und tatsächlich werden wir unterwegs nicht auf ein einziges Teilstück treffen, dass ohne Treten in die Pedalen zu bewältigen wäre, es scheint der längste Anstieg in unserer „Radlerkarriere“ zu werden. Auf dem Weg hinauf gibt es ein oder zwei Hani-Dörfer unmittelbar an der Straße, deren Bewohner an Ständen Bananen, Orangen und Zuckerrohr verkaufen und gerade in den Sommermonaten sollte man darauf achten, ausreichend Wasser mitzunehmen, Einkaufsmöglichkeiten sind rar bzw. nicht vorhanden. (Mittlerweile gibt es aber kurz vor dem Stausee, bei Kilometer 18 oder so, eine Art Autobahnraststätte.) Die Straße ist gut geteert, der Verkehr noch erträglich und wir kommen mit vielen Pausen gut voran. Das bergige Terrain und das Leben der hiesigen Einwohner ist geprägt von Landwirtschaft, allenthalben sieht man ausgedehnte Bananen- und Zuckerrohrfelder, kurz hinter dem Stausee geraten die ersten Reisterrassen in Sicht. Hier (GPS: N 23.139694, E 102.691923) gäbe es noch einmal eine Möglichkeit, vom Highway Richtung Xinjie abzubiegen, nach Auskunft eines Obstverkäufers sei der Weg allerdings in schlechtem Zustand und sehr steil (das verstehen wir jedenfalls, das Chinesisch der hiesigen Einwohner ist doch recht fremd für unser Ohr). Wohlan, dann eben noch weiter Richtung Süden und nach vielleicht 4 Kilometern der Abzweig Richtung Reisterrassen. Zwischenzeitlich haben wir fast 30000 Bergauf-Meter in den Beinen, die schon wie Espenlaub zittern und wir trauen uns gar nicht mehr abzusteigen im Wissen, dass wir nie wieder auf das Rad hinaufkommen (wollen). Nahe dem Dorf Niujiaozhai (牛角寨) fragen wir eine Oma in kristallklarem Hochchinesisch, ob es im Ort ein Hotel gebe, die alte Dame läuft dann doch lieber schnell weg. Also rein ins Dorf, hier noch ein paar mal nachgefragt und wir finden eine saubere Unterkunft mit einem Strommast- und verteiler direkt vor dem Fenster. Unser Hinweis, dies sei der Gesundheit nicht zuträglich, wird vom Inhaber mit einem lakonischen „没事儿“ (méi shì er, Das ist schon ok.) hinfortgewischt. Nun, wenn schon er es sagt… Zu Abend essen wir in einem Restaurant, dessen Speisen etwa eine Million mal besser schmecken als die Gasträume aussehen und alsbald begeben wir uns mit leicht elektrisiertem Haar zur Ruhe.

Reisterrassen bei Dalongtan
Reisterrassen bei Dalongtan

8. Etappe – Niujiaozhai nach Xinjie

02:05 h

Netto-Zeit

22,7 km

Kilometer

11,5 km/h

Durchschnitt

570 m

Aufstieg

350 m

Abstieg

Der letzte Radtag! (Die Weiterfahrt nach Xishuangbanna müssen wir aus o.g. Gründen auf Eis legen.) Nach kurzer Abfahrt aus Niujiaozhai geht es noch einmal 12 Kilometer bergauf, zum Teil sind Steigungen bis 15% zu bewältigen, die Aussicht auf das Erreichen unseres Ziels setzt aber noch einmal alle Kräfte frei. Die Sonne scheint endlich und spiegelt sich in den ersten Reisterrassen wider. Kurz vor dem Dorf Xiaoshuijing (小水井) erklettern wir eine Aussichtsplattform (rechter Hand der Straße), die schöne Ausblicke auf die Reisterrassen bietet. Hier treffen wir eine chinesische Reisegruppe, die anerkennend die Daumen hebt, aber doch mehr an Fotos mit uns als an unserer Geschichte interessiert ist. Vor Xiaoshuijing geht es durch einen hell erleuchteten Tunnel und wir sind im Gebiet der Yuanyang-Reisterrassen! (S.d.a. die Übersicht Hani-Reisterrassen in Reiseziele China) Schnell noch ein Ticket (CNY 35, Stand: 2020) für die Umgebung erstanden, wir lassen uns nach Xinjie (新街) hinabrollen, nachdem wir am Aussichtspunkt Qiankou das letzte Foto mit unseren Rädern schießen, essen unterwegs in einem Eselfleisch-Restaurant vegetarisch und belegen in Xinjie unsere Unterkunft für die nächsten drei Tage.

Reisterrassen bei Duosha
Reisterrassen bei Duosha

Das Ende und ein Resumee

Zwei Tage gammeln wir in den Reisterrassen herum, das Wetter ist schön und wir staunen ein wenig, wie viel sich in Yuanyang in den letzten 15 Jahren getan hat. Neue, moderne Hotels und Gasthäuser schießen wie Pilze aus dem Boden, alte Dörfer wurden entfernt und im gleichen Baustil wieder aufgebaut, Straßen sind von feinstem Teer…, und doch kann die Gegend noch etwas von ihrem alten Charme bewahren, die Reisterrassen sowieso. Für eine Rückfahrt nach Kunming ist jetzt die Zeit zu kurz, für CNY 100 extra dürfen wir unsere Räder in den Direkt-Bus nach Kunming stopfen, der uns in etwa 6 Stunden wieder zurück in Yunnans Hauptstadt verfrachtet.
Die Radtour hat sich gelohnt, das Radfahren und der Verkehr sind nicht schlimmer als in anderen Ländern, Mieträder sind eine Option und der Plan für die nächste Fahrt im Reich der Mitte ist bereits in der Schublade…

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