Von der Quelle bis zur Mündung


Nicht einmal 365 Tage sind seit der Polen-Radreise ins Land gegangen und schon juckt es wieder in Bein und Gesäß, den Drahtesel zu ersteigen und mit Sack und Pack Wind und Wetter zu trotzen und sich ein gewisses Maß an Reisefreiheit zu erstrampeln. Die Idee, den Rhein von seiner Quelle bis zur Mündung hinabzufahren, kam uns schon bei den Vorgänger-Touren, zum einen lässt sich die Radpartie in Bezug auf den zeitlichen Rahmen recht gut überschauen und planen, auf der anderen Seite liegen mindestens vier europäische Länder an den Ufern des, wenn nicht längsten, so doch vielleicht wichtigsten Strom der „Alten Welt“ und abwechslungsreiche Flusslandschaften, eindrucksvolle Burgen und Schlösser, mittelalterliche Städte und zahlreiche UNESCO-Welterbestätten sind garantiert. Ein nicht zu unterschätzender Gesichtspunkt: Abgesehen von einigen „harten“ Kilometern in der Schweiz gleich zu Beginn der Tour, verlangt der Rheinradweg kein professionelles Leistungsniveau, lediglich an die Ausdauer des verlängerten Rückens werden höhere Anforderungen gestellt, sofern der Radler unter Zeitdruck steht.

Zahlen & Fakten
  • Länge: ca. 1400 Kilometer
  • Schwierigkeit: Fitness | Höhenprofil
    Für Untrainierte (also Leute wie wir) ist der Aufstieg von Andermatt zum Oberalp-Pass (12 km, 600 HM) ein hartes Stück Arbeit. Zum Bodensee geht es dann fast nur noch bergab, der Rest nach Holland ist relativ flach.
  • Orientierung: Der Rheinradweg ist gut ausgeschildert, besonders in größeren Städten fehlt hier und da ein Wegweiser, den man durch Nachfrage ersetzen kann.Rheinradweg-Logo Karten? Wer gerne Schleichwege fährt, sollte u.U. auf diverse Radrouten-Bücher zurückgreifen, ansonsten ist eine normale Straßenkarte „Mittel-Europa“ ausreichend. Die angesprochenen Bücher haben den Vorteil detaillierter Hintergrundinformationen zu den Attraktionen am Wegesrand. Nachteilig ist das Gewicht und die Umständlichkeit in der Handhabung. Der Radweg verläuft zum Großteil auf asphaltierten Wegen, wer in der Schweiz die holperigen Forstwege benutzen möchte…, Geschmacksache.
  • Übernachtung: Campingplätze, (Rad-)Gasthäuser, Hotels…, für jeden Geldbeutel ist reichlich vorhanden. In der Hochsaison könnte es ratsam sein, die eine oder andere Unterkunft vorzubuchen.
Tourenkarte Rheinradweg
Tourenkarte Rhein
Oberrhein bei Tscharmut / Schweiz
Der Oberrhein bei Tscharmut / Schweiz

Eins vornweg: Tatsächlich können wir die Wiege von Väterchen Rhein finden, verheddern uns jedoch in den Niederlanden auf seinem letzten Weg im Gewirr der Flüsse und Kanäle und landen „nur“ in Rotterdam. Unser Radreiseführer hält die holländische Hafenstadt ebenfalls für das Ziel und vermag das Geheimnis um den Verbleib des Rheins nicht aufzuklären. Wie dem auch sei, ein gutes Stück fahren wir an den Gestaden des großen, mit Mythen und Legenden behafteten Stromes, können seine Entwicklung vom Rinnsal zum schiffbaren Strom verfolgen und abhanden gekommenes Heimatgefühl kultivieren. Die Reise hat sich gelohnt!
In Rotterdam angekommen, werden wir, bei einer Tagesdurchschnittskilometerzahl von ca. 65, drei Wochen und einen Tag im Sattel gesessen haben. Sollte uns jemand fragen, ob diese Tour für den sportlich ambitionierten Radfahrer geeignet sei, hätten wir wohl länger nachzudenken. Abgesehen von der variablen Länge des täglichen „Arbeitspensums“ fehlt es vielleicht an den Herausforderungen, die einen leistungsorientierten Radler ansprächen. Für Naturliebhaber und Freunde der Historie/Architektur/Kultur hat der Rheinradweg hingegen mehr Pfeile im Köcher, als man tragen kann. Faszinierende sakrale Bauwerke in Straßburg, Speyer, Worms oder Köln, Burgen und Schlösser entlang de Mittelrhein, Festungen, Städte mit mittelalterlichen Zentren… Jedes Interesse wird ordentlich bedient und auch Gaumen und Kehle kommen nicht zu kurz, durchquert man auf dem Weg Richtung Norden zahlreiche namhafte Weinanbaugebiete.

Rhein bei Bad Säckingen
Holzbrücke über den Rhein / Bad Säckingen

Sofern man nicht auf Nummer Sicher geht und die Tour bis zum letzten Atemzug durchplant, halten sich die Vorbereitungen für eine Fahrt entlang des Rheins in überschaubaren Grenzen.

  • Anreise: Glücklicherweise ist die Radmitnahme (anders als in Frankreich oder Spanien) in den Zügen der DACH-Region (noch) problemlos möglich. Aus dem Norden kommend, ist die erste Station in der Schweiz zumeist Basel, von hier aus geht es regional nach Göschenen, die Matterhorn-Bahn wird den Reisenden schließlich in Andermatt entlassen. Etwas umständlicher ist der Transport per Flugzeug, verlangen doch viele Airlines heute neben einem Aufpreis, dass man sein Rad angemessen zerlegt und verpackt. In knapp 12 Stunden und für etwa 40 € (incl. Radmitnahme, vorher mit Busunternehmen abklären) ist man mit dem Fernbus von Düsseldorf nach Zürich unterwegs. Von Zürich geht es mit der SBB in einer Stunde nach Andermatt.
  • Ausrüstung: Allgemein zur Ausrüstung, s. Ausrüstung Radreisen. Da die Tour durch Mittel-Europa und durch vier „Radfahrer“-Länder geht, lässt sich zumindest in Sachen Werkzeug/Ersatzteile gut Gewicht sparen. Und sonst? Lieber weniger mitnehmen und nachkaufen, als mitschleppen und wegwerfen/-schicken.
  • Reisezeit: Da man sich bis kurz vor dem Bodensee in den Alpen aufhält, sollte man wenigstens für diesen Teil die Monate vor dem Mai meiden, da es immer wieder zu Schneefällen im Uri und in Graubünden kommt. Insgesamt sind Frühjahr und Herbst die beste Reisezeit, es ist (noch) nicht (mehr) so heiß und die Radwege nicht so überfüllt wie in der Hauptferienzeit.
  • Sonstiges: Die gesamte Tour lässt sich gut aufteilen, etwa in einen schweizerischen Teil (mit der Möglichkeit von Wanderungen in den Bergen), eine Niederrheintour (Köln bis Arnheim) mit sehr flachem Terrain oder eine Kult-Tour im Elsass (Straßburg nach Mainz) usw. Schön und „romantisch“ wird es am Mittelrhein zwischen Bingen und Koblenz mit zahllosen Burgen und mittelalterlichen Städtchen am Rheinufer.
    Im Bedarfsfall ist (fast) die gesamte Rheinstrecke mit der Bahn abfahrbar, empfehlenswert ist eine Schifffahrt (regelm. Linienverkehr), z.B. von Rüdesheim nach, um die Beine einmal auszuruhen und die Perspektive zu wechseln.
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