Ein Kessel Buntes


Ist der Südosten Tasmaniens noch recht gut erschlossen und über Straßen einigermaßen zugänglich, ändert sich dies, sobald man versucht, in den westlichen Teil vorzudringen. Tatsächlich führt nur eine Straße, die B61, in diesen unwegsamen Teil der Insel, ab dem Lake Gordon ist dann auch endgültig Schluss, ein weiteres Vordringen in den Westen ist nur auf Schusters Rappen möglich. Ursprünglich war der Südwesten von Aborigines bewohnt, die aber dem sich durch milderes Klima immer weiter ausdehnenden Wald, der kaum Nahrung hergab, weichen mussten. Da in dieser Region zudem wenig Bodenschätze vorhanden sind und der Boden nährstoffarm ist, war und ist das Gebiet wirtschaftlich uninteressant und die Natur holte sich nach einigen fruchtlosen Besiedlungsversuchen ihr Recht zurück. Ein großer Teil dieses Urwalds gehört heute zur Tasmanian Wilderness World Heritage Area und (sehr) erfahrene Wanderer können sich auf zwei schweren Tracks, dem Port Davey Track (70km) und dem South Coast Bushwalk Track (85km, s.a. hier ), nach Herzenslust austoben und bis zu 3000 Jahre alte Huon-Kiefern und Königseukalypten entdecken. Für derartige Unterfangen sind wir weder ausgerüstet, noch haben wir die Zeit…, und ob unsere „Erfahrung“ für derart schwierige Bushwalks ausreichend ist, ist eher zweifelhaft. Machen wir dann doch eher etwas Einfaches und besuchen ein paar Highlights im Süden, die weniger Aufwand erfordern.

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Folgt man der besagten B61 Richtung Westen, passiert man den Mt. Field Nationalpark, den wir zunächst rechts liegen lassen. Etwa 15 Kilometer hinter dem Parkeingang, kurz hinter der Ortschaft Maydena (letzte Tankmöglichkeit) liegt die Zufahrt zum Styx Valley. Das Styx Valley gehört zu den wenigen „Abseits der ausgetretenen Pfade“-Reiseziele auf Tasmanien, obgleich es schon Schlagzeilen machte, Karte Styx Valley
Karte Styx Valley (click)
als sich im Jahre 2003 Naturschützer für mehrere Monate in den Wipfeln der Bäume verschanzten und so die Abholzung der riesigen und steinalten Bäume erfolgreich verhinderten. Wie erwähnt, etwa 2,5 Kilometer hinter Maydena geht es nach rechts auf einer Schotterstraße Richtung Florentine, die erste Straße sofort links, unter der B61 hindurch auf die Styx Road, der schwierigste Teil ist geschafft. An der ersten Kreuzung nach der Unterführung hält man sich rechts und an der nächsten links. Nach etwa 10 Kilometern führt eine Brücke über den Styx River und noch einmal sind es 4 Kilometer bis zum Big Tree Trail (rechts, ausgeschildert, kleiner Parkplatz an der Straße), an dem die höchsten Huons und Königseukalypten stehen. Bei Kilometer 16,7 kommt man zu Fuß zum Styx River, der seine braune Farbe den Buttongras-Wiesen weiter stromaufwärts verdankt. Einen Kilometer weiter ostwärts zweigt rechter Hand die Gee Creek Road ab. Folgt man dieser und fährt an der Gabelung in die Skeleton Road, steht auf der rechten Seite (kleines Hinweisschild) der Chapel Tree, ein riesiger, etwa 400 Jahre alter Baum, der im unteren Bereich hohl ist und allerlei Getier und Pflanzen Wohnraum bietet. Leider muss man den Weg, den man gekommen ist, wieder zurückfahren. Die Styx Road würde gegen Osten wieder in die Zivilisation führen, allerdings sind diese Wege auf privatem Gelände. Auf dem Rückweg, bei Kilometer 15,6 kann man schließlich noch den Tolkien Track begehen, hier steht der 84 Meter hohe Gandalf Staff.

Styx Valley


Zurück auf der B61 brausen wir eine Zeitlang gen Westen in Richtung Lake Pedder, auf der rechten Seite sieht man die schönen bewaldeten Berge des Florentine River Reserves. Zur Linken die Mt. Mueller Range mit dem gleichnamigen, über 1200 Meter hohen Gipfel und während der eine fährt, liest der andere aus dem Reiseführer vor, wir erfahren, dass die C607 zum Lake Pedder nur aus Schotter besteht und ein Fahrt zum Lake Gordon erscheint auch nicht so interessant, wenn man nicht gerade Interesse am Angel- oder Bootssport hat. Kurz hinter dem Startpunkt zum Needles Track, der zugleich die höchste Stelle der B61 ist, machen wir kehrt und fahren durch Maydena zurück zum Mt. Field Nationalpark.
Der Mt. Field Nationalpark, nur knapp eine Autostunde von Hobart entfernt, ist vielleicht das schönste Naturschutzgebiet Tasmaniens. Eine faszinierende Berglandschaft im Verein mit relativ mildem Klima sorgen für eine äußert abwechslungsreiche Flora und Fauna, es gibt unzählige Wasserfälle (u.a. die berühmten Russel Falls), Bergseen in Fülle (etwa den Dobson Lake) und unzählige Wanderpfade, im Winter ist der Park ein Skiparadies.

Mt. Field Nationalpark
Mond über dem Mt. Field Nationalpark

Angesichts der Vielfalt in Bezug auf Natur und Freizeitmöglichkeiten nimmt es nicht Wunder, dass der Park bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts zum Naturschutzgebiet erklärt wurde und somit der älteste seiner Art in Tasmanien ist. Die Schattenseiten der Zivilisation, massive Rodungen dieses herrlichen Waldgebietes sind leider überall sichtbar und auch das avisierte Schnabeltier läuft uns in den zwei Tagen unseres Aufenthalts nicht vor die Linse.
Auf der nunmehr bekannten B61 geht es zurück in den Osten, am Derwent River wechselt die Straße ihren Namen in B62, wir rauschen quer durch Hobart in den Süden und machen erst kurz vor der Ortschaft Kettering halt, von dessen Hafen 10 Mal täglich eine Fähre Mensch und Maschine auf die Insel Bruny befördert. Bruny ist gerade einmal 55 Kilometer lang und in zwei Hälften geteilt, die wiederum durch einen schmalen, aber befahrbaren Sandstreifen verbunden sind. Die wenigen Einwohner (520) der Insel teilen sich die 362 ² Landfläche mit einem Haufen Rinder und Schafen, die Nordinsel zeichnet sich durch Felder, Weiden und Obstplantagen aus, South Bruny hingegen ist hügelig und umfasst große Regenwaldgebiete, hier befinden sich der South Bruny Nationalpark und große Teile des State Forest Reserve. Insgesamt dürfte die Südinsel für den gemeinen Touristen wegen der hiesigen Attraktionen interessanter, darunter etwa der berühmte Leuchtturm Cape Bruny (der zweitälteste Australiens) und die schönen Strände der Adventure Bay. Bruny Island ist für uns Weihnachts-Hauptquartier, kleine Wanderungen entlang der Küste (zum Grass Point), ein Besuch der Zwergenpinguine im Bruny Island Neck Game Reserve (in der Mitte der Nehrung) und des Leuchtturms runden das „festliche“ Programm ab. Bruny ist voll unsichtbarer Geschichte, berühmte Seefahrer wie Tasman, Cook, Furneaux und Bligh (letzterer bekannt durch sein Schiff „Bounty“) gingen hier an Land (nebenbei: in der Adventure Bay gibt es ein kleines Bligh Museum, das während der Feiertage leider geschlossen ist), die Insel wurde über Tausende von Jahren von Aborigines bewohnt, und…, viel mehr gibt es nicht. Bruny hat sicher nicht die herausragenden Sehenswürdigkeiten wie Tasmanien, aufgrund seiner schönen Natur und Beschaulichkeit des Seins lassen sich hier aber gut ein paar Tage verschnaufen.

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Über Woodbrigde und die C627 geht nach den erfolgreich beendeten Feiertagen zurück auf die A6, die bis tief in den Süden nach Southport, der südlichsten Ortschaft Australiens, führt. Da der Ort jedoch außer diesem Titel nichts zu bieten hat und das Wetter eher reisefeindlich ist, wird kurzerhand in Dover (20 km vor Southport), weiland ein Holz-, heute ein Fischereihafendorf in der Bucht Port Esparance haltgemacht, übernachtet und die Nase unseres Vehikels wieder nach Norden ausgerichtet.
Da es im Süden Tasmaniens wenig Straßen gibt, ist man oft gehalten, bestimmte Wege mehrfach zu befahren. Noch einmal kommen wir durch die kleine Ortschaft Geeveston, die zum einen von der Holzwirtschaft lebt, und zudem Ausgangspunkt für Fahrten in den Hartz Mountains Nationalpark ist. Noch in Geeveston biegen wir in die Arve Road (C632) ab, nach etwa 15 Kilometern teilt sich die Straße, wir verlassen die C632 und brausen auf der C631 in das Tahune Forest Reserve. Dieser Park am Huon River mit Wander- und Campmöglichkeiten wird von der staatlichen Forstbehörde in einem Gebiet, das forstwirtschaftlich genutzt wird, betrieben. An sich ist das kein Grund, hier auf die Bremse zu treten. Hauptattraktion des Parks ist der Tahune Airwalk, auf einer 50 Meter hohen und 600 Meter langen Stahlbrückenkonstruktion läuft man zwischen den Baumwipfeln der großen Sassafras-Bäume und Südbuchen und das Ende des Wegs ist eine frei stehende Aussichtsplattform mit Blick auf den Huon River und die umliegenden Berge. Ein Erlebnis der etwas anderen Art…

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Auf dem Weg zurück nach Geeverston biegen wir diesmal an der C632 ab und fahren in den Hartz Mountains Nationalpark. Da unsere Zeit langsam abläuft, haben wir für diesen Park nicht mehr viele Pläne, es gibt einige Wandermöglichkeiten, der längste Track, der Hartz Peak Track zum Gipfel des Hartz-Berges, dauert etwa 5-6 Stunden und ist recht herausfordernd. Wir begnügen uns – das Wetter verspricht nichts Gutes – mit einem Besuch des Waratah Lookouts, von dem man einen schönen Blick auf das Huon-Tal und den Arve River hat, eine weitere kurze Wanderung führt uns zu den Arve Falls, an die man schon ein Schild heften muss, um sie als Wasserfälle zu erkennen. Der Hartz Mountains Nationalpark ist schon seit fast 100 Jahren Schutzgebiet, die schöne Landschaft bietet eine Menge für den Blumenfreund, von Regenwald bis hin zu alpinem Bewuchs ist alles dabei, interessant ist die alpine Moorlandschaft um den Arve River herum und die Tierwelt ist eine kleine Zusammenfassung tasmanischer Fauna.
Wir machen uns auf den Rückweg, noch einmal geht es durch Geeverston und entlang der Bucht des Huon Rivers vorbei an dem kleinen historischen Ort Franklin hinein nach Huonville, dem größten Ort des Huon Valley. Der Ort ist – nach unserer Auffassung – ein wenig nichtssagend, interessant ist vielleicht die alte Holzkirche St James Anglican (1896) in Ranelagh an der C620, aber mehr als 5 Minuten hält man es hier auch nicht aus, zumal die Kirche verschlossen ist und die Fenster schmutzig sind. Die letzte Etappe unserer Reise wird Tasmaniens Hauptstadt, Hobart, sein.

Huon Valley / Tasmanien
Blick über das Huon Valley

Statt auf der A6 über Kingston nach Hobart zu fahren, sollte man in Höhe der kleinen Ortschaft Sandfly auf die B64 abbiegen. Die Straße ist lange nicht so befahren wie der Highway A6, zudem hat man schöne Ausblicke auf den Hausberg Hobarts, den Mt. Wellington. Wer die Abfahrt verpasst hat, kann in Kingston auf die Küstenstraße B68 fahren und bei Taroona einen kurzen, aber lohnenswerten Stopp einlegen. Auf der rechten Seite (Richtung Norden) steht der „Shot Tower“ aus dem Jahr 1870, ein knapp 50 Meter hoher Turm, der sich einerseits besteigen lässt, auf der anderen Seite ist die Geschichte dazu ganz interessant. In diesem Turm wurden Bleikugeln für Vorderlader hergestellt, dazu wurde Blei in der Turmspitze geschmolzen und in eine Art Sieb geschüttet. Das aus dem Sieb heraustropfende Blei fiel im Turm nach unten und erhielt so eine fast perfekte runde Form. Erfunden wurde diese Art des „Bleigießens“ im 18. Jahrhundert in England.
Von Taroona ist es nur noch ein Katzensprung nach Hobart, unsere Reise ist fast zu Ende. Zwei der drei letzten Nächte verbringen wir am Seven Mile Beach in Cambridge (Tasmanien, wohlgemerkt), der allerletzte Tag wird – nach Abgabe des Campmobils – auf einem Campingplatz direkt am Flughafen vergammelt.

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Und Hobart? Nun ja, der Besuch von Städten auf Tasmanien war ja nicht gerade das Hauptmotiv unserer Reise und Hobart hat etwa im Vergleich zu europäischen Metropolen eine relativ junge Geschichte. Gegründet 1804 (damals noch Hobart Town), waren von den knapp 300 Bewohnern vielleicht zwei Drittel Strafgefangene, bevor sich durch Walfang, Schiffbau und Export von landwirtschaftlichen Produkten so etwas wie eine Stadt entwickelte. Die interessantesten Ecken Hobarts findet man am Hafen und in der Macquarie Street bzw. der parallel verlaufenden Davey Street. Auch im Stadtteil Battery Point stehen noch einige, im georgianischen Stil erbaute Häuser, die von der Kolonisierung Tasmaniens zeugen. Hobart ist recht klein, viele Orte sind rasch erlaufen, wer dies nicht alleine tun möchte, es gibt zwei Historic Walks, Infos gibt es in der Touri-Info in der Davey Street 20 (?). Am Salamanca Place, in der Nähe des Hafens, findet man Lagerhäuser aus den 1830ern, in denen heute Kunsthandwerk feilgeboten wird und die einige Restaurants beherbergen. Und einmal im Jahr, zwischen Weihnachten und Neujahr findet hier das Festival Taste of Tasmania statt, der Besucher kann sich eine Woche lang an köstlichem Essen und Weinen versuchen. Wir lassen Hobart und das Stadtgewimmel einige Stunden auf uns einwirken, bei der letzten Flasche tasmanischen Weins beschließen wir: Wir kommen wieder!

Ein paar Details

Fahrstrecke ca. 532 Kilometer
:Bruny Island Fähre – Abfahrtszeiten 6:30, 7:30, 9-12:00, 13:30-17:30, 19:00 Uhr, Preise (2016), Kfz <= 6 Meter Aus$ 38/33 (HS/NS), > 6 -10 Meter Aus$ 65/54
Übernachtung in:
Mt. Field NP – „Left of Field“, im Nationalpark, in der Nähe des Eingangs
Bruny South – Captain Cook Holiday Park, harmloser Campingplatz, aber gut eingerichtete Gemeinschaftsküche und nur ein Steinwurf zum schönen Strand, 786 Adventure Bay Road, Adventure Bay
Dover – Dover Beachside Tourist Park, ein Caravanpark… eben. Ordentlich und sauber, fast wie in Deutschland. Nur ein paar Schritte zur Bucht Port Esparance, 27 Kent Beach Road, Dover
Hobart – Seven Mile Beach Caravan Park, 12 Aqua Pl, Seven Mile Beach, Clarence, / Hobart Airport Tourist Park, 2 Flight St Corner of Back Rd, Cambridge
Eintritt usw.:
Tahune Forest – Aus$31, Kinder: Aus$15.50
Hartz Mountains NP – wie immer gilt für alle Nationalparks: entweder Tageskarte für Aus$ 24 kaufen oder den National Park Holiday Pass – (Aus$ 60 / Aus$ 30)
Taroona Shot Tower Eintritt zur Besteigung des Turms: Aus$ 8

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