Ein Paradies am Ende der Welt


Die kürzeste Flugzeit von Deutschland nach Hobart, der Hauptstadt der zu Australien gehörenden Insel Tasmanien (bis 1856 Van Diemen’s Land) am östlichen Rand des Indischen Ozeans, beträgt netto gerade einmal knapp 22 Stunden, obgleich fast 17.000 Kilometer (Luftlinie) zu überwinden sind. Stolpert man dann am Hobart Airport angekommen, mit furchterregenden Augenringen, scheußlichen Kreuzschmerzen und Füßen, die wie Luftballons eines Kindergeburtstags angeschwollen sind, aus dem Flugzeug, wird man in den nächsten Wochen für alle erlittenen Strapazen mehr als entschädigt werden. Dabei ist Tasmanien nicht einmal eine Trauminsel im Sinne eines Reisebüro-Katalogs. Weder ist eine eindrucksvolle Bergwelt à la Himalaya zu erwarten, es fehlt an tropischen, feinsandigen Stränden, die man etwa aus Thailand kennt und die Kultur zeichnet sich nicht gerade durch Jahrtausende der Sublimierung aus, und doch… Tasmanien hinterlässt beim Reisenden ein Gefühl, das schwer zu beschreiben ist, vieles, was im Seelenleben eines Menschen in der Heimat wie in einer Waschtrommel kreuz und quer geht…, auf Tasmanien gerät es wieder in eine Ordnung, die man vielleicht am besten mit „Rückgewinnung des inneren Gleichgewichts“ beschreiben kann. Den Grund, den wir dafür gefunden haben: man hetzt auf Tasmanien nicht irgendwelchen Highlights hinterher, sondern lässt sich treiben wie das Laub im Wind. Und: es gibt – selbst um die Weihnachtszeit – spürbar weniger Touristen auf der Insel als etwa in Neuseeland. Und ganz nebenbei: in Tasmanien gibt es noch riesige Flächen unberührter Natur, die zum Wandern laden, endlose Eukalyptus-Wälder, nach deren Besuch man sich herrlich erfrischt fühlt, raue Küsten, an denen sich das klare Meerwasser bricht, Sportmöglichkeiten ohne Zahl…, die drei Wochen unseres Aufenthaltes auf der Insel vergehen, ohne dass wir es merken.

Cradle Mountain und Dove Lake
Cradle Mountain und Dove Lake

Was tun?

Die Geschichte Tasmaniens ist geprägt von der Rolle der Insel als Strafkolonie der britischen Krone im 19. Jahrhundert. So nimmt es nicht Wunder, dass allein sechs Orte, an denen Strafgefangene leben und arbeiten mussten, von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt sind. Anzusehen sind unter anderem Gefängnisse (z.B. die Port Arthur Historic Site) und Farmen (etwa die Brickendon Farm) oder Minen (Coal Mines Historic Site), auf und in denen die Gefangenen ihre Taten durch „Dienst an der Gesellschaft“ sühnten.
Insgesamt sechs Nationalparks und damit 1,4 Millionen Hektar Fläche haben es ebenfalls in die Listen des UNESCO-Weltkulturerbes geschafft. Die Parks umfassen neben gemäßigtem Regenwald (u.a. Liffey Valley) auch KüstengebieteEukalyptus-Baum / Tasmanien
Eukalyptus-Baum
und Berg- (z.B. Cradle Mountain und die Harz Mountains) und Flussregionen (Franklin-Gordon Wild Rivers National Park) usw. Die Natur ist sicherlich einer der Hauptgründe, um Tasmanien zu besuchen. Neben unzähligen kurzen und mehrtägigen Wandertouren bietet sich die Möglichkeit „einfach draußen“ zu sein. Neben vielen Outdoor-Aktivitäten, wie das erwähnte Wandern, Wassersport, Mountainbiking usw. bleibt noch Zeit für ein wenig Genuss in Form von exzellenten Weinen (und den Besuch der Weingüter), Bier und Whiskey (es gibt gar entsprechende Touren), es gibt gute Restaurants, die köstliches Seafood auf der Speisekarte haben (und Budget-Reisende verarmen lassen) und viele Farmen bieten ihre guten Produkte (besonders Käse und andere Milchprodukte) in Verkaufsläden oder an der Straße an.
Die Natur ist es, die Tasmanien so sehenswert macht und Flora und Fauna haben genug zu bieten. Neben Tieren, die es nur auf der Insel gibt (Tasmanischer Teufel, Quoll, Rotbauchfilander) und einigen seltenen australischen Tieren wie dem Schnabeltier existiert eine herrliche Pflanzenwelt und einige Arten wie die Huon-Kiefer, die Berg-Südbuche oder Riesen-Heide gibt es fast nur noch auf Tasmanien. Nicht zu vergessen sind die riesigen Eukalyptus-Wälder mit Bäumen an die 90 Meter hoch, ein echtes Pflanzen-Spektakel.

Lektüre

Um eine Reiseroute vorzubereiten, Tasmanien ist größer als man glaubt (die Insel ist immerhin flächenmäßig mit Irland vergleichbar), bieten sich die exzellenten Webseiten discovertasmania.com.au (nur Englisch) sowie Parks & Wildlife Service (nur Englisch) und australia.com (auch auf Deutsch) an. Die erste Webseite beinhaltet eigentlich schon alles, was man benötigt, interaktive Karten, Beschreibung der Highlights, Wetter- und Shoppinginformationen und mehr. Die Seite des Parks & Wildlife Services hingegen hat ihren Fokus dann mehr auf…, naja, Parks und Wildtiere, wohingegen in der letzten Seite eine nette Beschreibung des berühmten Overland Tracks zu erlesen ist.
Äußerst hilfreich ist auch die hier herunterladbare Broschüre 60 Great Short Walks, in der sechzig Wanderungen (über die ganze Insel verteilt) vorgestellt und beschrieben werden und mit den notwendigen Informationen versehen sind (Update: die Broschüre gibt es nicht mehr, die Walks sind auf der offizielen Webseite der Nationalparkverwaltung einsehbar). Die Wanderungen reichen von 20-minütigen Spaziergängen bis zu mehrere Stunden dauernden, z.T. herausfordernden, Touren.
Wer sich lieber ein Buch unter den Arm klemmt und auf mehr Hintergrundinformationen steht, dem seien die Reiseführer von Lonely Planet (nur in Englisch) oder von Andreas Stieglitz (Reiseführer einer einzigartigen Insel, Taschenbuch – 6. Februar 2008) empfohlen, wobei letzterer sehr sparsam mit praktischen Informationen ist, allerdings ausführlich über Geschichte, Flora und Fauna rapportiert.Logo Visitor Center / Tasmania Vor Ort kann man sich in den Visitor Information Centres (blaues Schild mit gelbem „i“) oder in den Informationszentren der jeweiligen Nationalparks Auskünfte (besonders zum praktischen Nationalparks-Ausweis) geben lassen. Eine Landkarte nur von Tasmanien zu finden, ist nicht so einfach, die meisten Kartenwerke behandeln Australien als Ganzes.

Unterkunft

  • Camping
    Tasmanien sei der „perfekte Ort, um zu campen“ heißt es in irgendeiner Broschüre (auf Englisch)… Immerhin gäbe es im Land über 50 Caravanparks…, nun, wenn das kein Garant für einen mustergültigen Abenteuerurlaub ist. Und tatsächlich, von einem Campingplatz zum nächsten sind es selten mehr als 50 Kilometer und gefällt die Campsite X nicht, dann ist es nicht weit zur Campsite Y. Soviel zur Dichte.
    Die Campingplätze werden von unterschiedlichen Anbietern feilgeboten, es gibt die großen Ketten wie „Big4“, „Tourist Park“ oder „Holiday Park“, die in der Regel den Standard anbieten, etwa Küche, Sanitäranlagen, Stromanschluss usw. Je nach Saison und Region kostet ein Stellplatz mit Strom zwischen 25 und 40 Aus-$. Wie schon erwähnt, die meisten Plätze sind eben Standard, einen wirklich guten Platz, der seinen Gästen darüber hinaus etwas bietet, fanden wir nicht.
    Neben diesen handelsüblichen Campingplätzen gibt es noch einen ganzen Haufen solcher in den Nationalparks, die auch von der Nationalparkverwaltung geführt werden. Es gibt zwei Kategorien, die „serviced“ und die „unserviced“ Campsite. Wer sich vorab schon einmal informieren möchte, kann das hier oder dort tun. Ob Wildcampen erlaubt ist, ist uns bis heute nicht ganz klar, vielleicht liegt es am mangelhaften Englisch oder an einer unklaren Rechtslage.
  • Hotel, Hostel usw.
    Vom Apartment bis zum Resort ist alles erhältlich, die Preise sind…, nun ja, westlich. Aber es herrscht kein Mangel und für jeden wird etwas dabei sein. Über die einschlägigen Buchungsportale lässt sich von Backpackerhostel über Farm Stay und Hotel bequem vorbuchen.

Mietwagen und -camper

In Tasmanien gilt Linksverkehr, gewöhnungsbedürftig (besonders der Kreisverkehr), aber bald will man gar nicht mehr anders fahren. Tasmanier sind umsichtige und gesetzestreue Fahrzeuglenker, es herrscht – außer in den Ballungszentren – auch recht wenig Verkehr, ideal zum Üben. Natürlich gibt es Geschwindigkeitsbegrenzungen und diese werden auch kontrolliert, also Vorsicht! Ach, vielleicht noch ein Wort zu Fahrten in der Dämmerung/Nacht: Wenn möglich, runter vom Gas! Viele der auf Tasmanien beheimateten Tiere sind nachtaktive Beuteltiere, deren verstümmelteTasmanien - Camper
Camp-Mobil
Kadaver am nächsten Tag die Freude am Fahren nehmen und hier lapidar als Kollateralschäden hingenommen werden. Einen Mietwagen entweder vor Ort (etwa am Flughafen) oder bereits in Deutschland buchen (letzteres ist oft billiger und man spart sich Warterei und die Suche nach einem Vermieter), bei der Anmietung darauf achten, welche Straßen mitversichert sind, denn Schotterpisten sind für normale Kfz oft außen vor. Ein Camper bietet ein hohes Maß an Flexibilität und Unabhängigkeit, kostet dafür auch einiges mehr, als ein Kleinwagen. Auch hier erweist es sich als gute Idee, 1. im Voraus zu buchen (wenn möglich, bereits ein Jahr zuvor, dann gibt es Rabatte und Fahrzeuge stehen überhaupt zur Verfügung und zur Auswahl) und 2. bereits in Deutschland buchen, da deutsche Vermittler um Probleme vor Ort wissen und man einen Ansprechpartner in der Heimat hat. Die Anmietung eines 4×4-Geländewagens erscheint eher sinnlos, die Straßen sind in gutem Zustand, eine Fahrt auf Schotterpisten bringt einen nicht wirklich weiter oder gar ins Nirgendwo.

Reisewetter und so

Da südlich des Äquators, ist auf Tasmanien alles anders: Der deutsche Winter ist der tasmanische Sommer, die wärmsten Monate sind von Dezember bis März. Warm ist dann auch wieder relativ, selten steigt das Thermometer höher als angenehme 24 Grad Celsius, am Cradle Mountain froren wir des Nachts gar. Die Insel hat vier verschiedene Jahreszeiten, im tasmanischen Winter liegen die Temperaturen zwischen 3 und 11 Grad Celsius, mit Schnee kann zum Teil gerechnet werden.
Auch im Sommer sollte auf der Insel wenigstens ein Pullover oder Sweater im Gepäck sein, die Abende sind oft recht frisch und auch das Regenzeug sollte mit in den Koffer. Zwar regnet es in Hobart recht selten, an der Westküste hingegen, wo die großen Regenwälder liegen kann es auch im Sommer zu heftigen und länger anhaltenden Schauern kommen.

Einkaufen & Essen

Wer mit dem Camper unterwegs ist, wird von Zeit zu Zeit einkaufen wollen. Große Supermarktketten wie Coles, IGA und Woolworths bieten alles, was das Herz begehrt, IGA hat auch kleinere Läden in kleineren Ortschaften. In Dörfern sind es die „One Stop Shops“, eine Art Tante-Emma-Laden, die einen mit dem Allernötigsten versorgen. Alkohol gibt es in den Supermärkten nicht, man muss schon in einen der Bottleshops gehen, die zumeist ihre Räumlichkeiten neben den Supermärkten haben. Unterwegs lassen sich zudem Lebensmittel von guter Qualität im Farmverkauf erstehen, Bäckereien und Metzgereien mit ordentlichem Sortiment gibt es auch in den kleineren Städten.
Eine echte tasmanische Küche können wir nicht ausmachen, das Essen in vielen Restaurants ist Fusion-Küche, aber die Zutaten sind sehr frisch, schmackhaft und leider etwas teuer.

Sonstige Vorbereitungen

  • Visum: Weil Australien, ist auch für Tasmanien ein sogenanntes eVisitor-Visum (subclass 651) erforderlich. Das lässt sich am einfachsten und kostenlos über die offizielle Seite des australischen Bureau of Home Affairs erledigen, über die erfolgreiche Ausstellung des wird man per E-Mail benachrichtigt. Auch ein ETA-Visum lässt sich noch beantragen, allerdings kostet es 20 AUS$ und bietet auch nicht mehr als das eVisitor-Visum.
  • Geld: Es gibt ausreichend ATMs, um Geld abzuheben. Dies ist auch problemlos mit Kreditkarten von VISA oder Mastercard (anfallende Gebühren sind vernachlässigbar), auch unsere chinesische Karte unionpay wurde zum Teil akzeptiert. Anders sieht es bei maestro-Karten aus. Soweit diese den Aufdruck V-Pay auf der Karte haben, spuckt der Automat die Karte unverrichteter Dinge aus.
  • Blutegel-Socken
    Blutegel-Socken
    Socken: Gerade das Gebiet um den Cradle-Mountain ist ein echtes Paradies für Blut-Egel und auch der einzige Ort, an dem wir welche gesehen haben (und die Dinger hatten die Größe ausgewachsener Zigarillos). Viele der kürzeren Wanderwege in der tasmanischen Wilderness sind mit Holzplanken, den sog. boardwalks versehen. Wer diese verlässt, sollte aber gewappnet sein, besonders nach einem erfrischenden Regen schauen die Plagegeister hie und da aus dem Boden. Zwar sind die Egel nicht gesundheitsgefährdend, nervig aber allemal und wenn man sie vom Körper entfernt, blutet es noch einige Zeit stark nach. Kaufen kann man Egel-Socken in Deutschland wenigstens über das Internet, im Outdoor-Laden sahen wir sie bis jetzt nicht. Wir kauften uns irgendwann solche Socken in Malaysia, die dort hergestellten Dinger haben einen recht guten Ruf.
  • Raucher: Unbedingt Nachschub von Zuhause mitnehmen, Zigaretten kosten ein Vermögen.
Ein paar Details