4×4 durch Chile und Argentinien


Pläne schmieden ist ja an sich schon eine feine Sache und ob es sich dabei um die Sorte „ausgetüftelt“ handelt, also den minutiös im Vorhinein bis ins kleinste Detail ausgearbeiteten Entwurf, oder einfach die „fixe Idee“ mit nur einer Handvoll an Parametern, damit man ungefähr weiß, ob und wann und wie… Oft bedarf es aber nur einer kleinen Erschütterung, die eine Schraube am Plangerüst lockert und dann löst, die Konstruktion gerät ins Wanken und stürzt ein.
So geschehen im Sommer 2017, als wir austüfteln, einige interessante Treks in der Welt abzuwandern, u.a. den GR20 auf Korsika, den John Muir-Trail in den USA, Machu Pichu-Trail usw. Flüge sind zum Teil gebucht, Anmeldungen zu den Wanderungen erfolgreich vorgenommen und dann… Knapp eine Woche auf dem wirklich schweren GR20, ein falscher Tritt und rumms, der Meniskus ist gerissen und damit auch das Fadengespinst unseres Welt-Weiten-Wanderns. Nun kommt ja ein Unglück selten allein und die Knie-OP ist erst im November 2017 möglich, d.h. fast vier Monate in Deutschland auf Krücken abhängen. Der Patient beschäftigt sich in dieser Zeit ausgiebig mit sich selbst, dem Partner hingegen fällt die Decke auf den Kopf. Und obgleich wir uns beide auf verschiedene Dinge konzentrieren, schaffen wir es dennoch, einen Konsens herbeizuführen. Noch im September unternehmen wir einen „Roadtrip“ nach Italien, für die Zeit nach der Operation können wir uns einigen, eine Tour durch Chile und Argentinien zu unternehmen, allerdings mit klein gebackenen Brötchen: statt ausgiebiger Wanderungen durch die herrlichen Nationalparks der beiden Länder wird stattdessen eine ausgedehnte Autotour ins Auge gefasst. Der chirurgische Eingriff zwei Wochen vor Abfahrt verläuft zur Zufriedenheit aller, freilich hat das lädierte Bein mittlerweile den Durchmesser und die Beweglichkeit eines Besenstiels, es wird im unebenen Gelände Südamerikas eine schwere Zeit der Fortbewegung außerhalb des Automobils werden….

Einige Zahlen & Fakten
  • Länge: ca. 15.700 Kilometer
  • Dauer: 60 Tage
  • Aufenthalt: November 2017 bis Februar 2018
  • Beste Reisezeit: Die enorme Nord-Süd-Ausdehnung von Chile (ca. 4300 km) und Argentinien (ca. 3700 km) bringt auch unterschiedliches Klima mit sich. Grundsätzlich gilt: die beste Reisezeit für beide Länder ist zwischen Oktober und Februar, dies gilt insbesondere für den Süden beider Länder, die Temperaturen sind angenehm warm. Chiles Norden kann ganzjährig bereist werden, für Argentiniens Norden (subtropisch) sind die Monate April bis November die angenehmsten. Achtung: Von Mitte Dezember bis Anfang März sind in beiden Ländern Schulferien, an den Hotspots kann es richtig voll werden (in San Pedro de Atacarma mussten wir buchstäblich auf der Straße schlafen).
  • höchster Punkt der Route: 4826m, nahe Laguna Blanca (Atacama/Chile)
  • Orientierung: Für Chile gibt es an den Tankstellen von Copec gutes Kartenmaterial, für Argentinien fanden wir nichts Vergleichbares (evtl. zuhause kaufen), für Großstädte ist ein Navigationsgerät hilfreich.
  • Übernachtung: Campingplätze sind – nach unserem Dafürhalten – recht dünn gesät, Wildcampen ist möglich, oft sind Felder und Wiesen aber eingezäunt, sodass eine Nachfrage beim Eigentümer notwendig wird. Starke Winde erschweren den Zeltaufbau, ansonsten nächtigt man in Hotels, Pensionen oder cabañas. Die APP „iOverlander“ leistet gute Dienste bei der Suche nach einem Schlafplatz.
  • Visum: Liberale Handhabung, als Deutscher etwa kann man bis zu 90 Tage ohne Visum nach Chile/Argentinien einreisen.
Grobe Reiseroute

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In puncto Fernreisen sind wir ja keine unbeschriebenen Blätter mehr, in Bezug auf Südamerika jedoch echte Novizen. Sechs Wochen verbleiben uns, um unsere Fahrt durch Chile und Argentinien vorzubereiten. In dieser Zeit schaffen wir es tatsächlich, sämtliche Highlights der beiden Länder, die an den ausgetretenen Pfaden liegen, aufzutun. El Chalten, Torres del Paine, Perito Moreno-Gletscher und Atacama-Wüste…, viel mehr ergibt sich nach einer halbherzigen Internet- und Stadtbüchereirecherche nicht. Angesichts der Entfernungen zwischen diesen Orten erscheinen uns die erlangten Kenntnisse aber auch schon mal ausreichend. (Später werden wir feststellen, dass Trübe Aussichten
Trübe Aussichten
viele sehenswerte Orte in Chile und Argentinien irgendwie am Weg liegen oder wir erhalten adäquate Tipps von Einheimischen.) Ein Auto bekommen wir zunächst nicht gebucht, die einschlägigen Plattformen im Internet bieten lediglich Personenwagen feil, und wenn mal ein geländetaugliches Fahrzeug zur Auswahl steht, ist es entweder a) unbezahlbar und/oder b) es fehlt an persönlichen Kontaktmöglichkeiten (für uns bedeutsam, da wir grenzüberschreitend fahren wollen und vielleicht noch den einen oder anderen Sonderwunsch haben). Übrigens bleibt auch die Frage, ob es denn unbedingt ein 4WD sein muss, einstweilen unbeantwortet. Obendrein: Wir wissen noch gar nicht, wie wir überhaupt nach Südamerika kommen sollen… Trübe Aussichten Das klärt sich aber kurz vor der Abfahrt und wir hoffen, dass uns das Glück in Bezug auf ein motorisiertes Gefährt auch im südlichen Amerika treu bleibt. Zwei Reiseführer und ein Audio-Sprachkurs Spanisch werden noch zusätzlich zur Ausrüstung erworben, die bereits für unsere eigentlichen Reiseabsichten komplettiert erschien.

Atacama-Wüste / Chile
Fototermin in der Atacama-Wüste / Chile

An dieser Stelle bereits ein Resümee: Die Reise nach Chile und Argentinien wird einen festen Platz in unseren Erinnerungen einnehmen. Zwei Monaten waren angefüllt mit abwechslungsreichen Erlebnissen, wunderschöner Natur und aufregender Kultur. Viele freundliche und hilfsbereite Menschen lernten wir kennen und sahen Tiere, die wir vorher allenfalls aus dem Fernsehen kannten. Einzige Wermutstropfen: Das Essen in beiden Ländern war wahrlich keine Offenbarung und wir sind – mal wieder – zu viele Kilometer gefahren…

Hier geht’s los