Die erste Safari


Endlich sind wir auf der Straße und unterwegs. Nach fast vier Wochen Wartezeit in Johannesburg ist es auch gleichgültig, dass es ein bisschen dauert, bis wir aus der Stadt heraus sind. Das hiesige Autobahnnetz ist… ein Netz, in dem man sich schnell verfängt. Als die Hochhäuser JHBs keinen Schatten mehr auf unser Auto werfen und wir endlich diesen Moloch hinter uns lassen, werden wir durch das unverschämte Pfeifen der Blackbox des Land Rovers aufgeschreckt. Für den Unkundigen: Es handelt sich dabei um ein kleines Kästchen, das die Fahrzeugdaten des mit (zu) viel Elektronik versehenen Autos sammelt und bei Fehlfunktionen akustische Signale abgibt. Zurzeit ist dieses markerschütternde Geräusch nicht permanent zu vernehmen, gleichwohl bergauf oder bergab. Wir verlassen den Highway und steuern eine Tankstelle an, der Tankwart ist auch ratlos. Ein Anruf im Autohaus in Sandton bringt auch keine Erhellung, unser Verkäufer gibt uns die Adresse einer Land Rover-Vertretung in der Nähe. Bevor wir uns aber wieder im Dschungel der Großstadt verlieren, beschließen wir, nach Witbank zu fahren, dort unser Zelt abzuholen und zu versuchen, in Middelburg eine Werkstatt aufzutun. Dem Gepfeife werden wir erst einmal dadurch Herr, dass wir eine alte Socke um die Box wickeln. (Später wird es ein Kaugummi sein, der auf dem Lautsprecher klebt, bevor wir die Box ganz herausreißen und verschenken.)
In Witbank tauschen wir Geld gegen Zelt und hieven das fast 50 Kilogramm schwere Teil auf den Dachgepäckträger. Dort müssen wir feststellen, dass das Zelt nicht zu fixieren ist, die vorhandenen Löcher passen nicht mit denen des Gepäckträgers überein. Wohl an!
Mechaniker in Witbank können uns nicht weiterhelfen und verweisen uns freundlicherweise an einen Outdoor-Laden in Middelburg. Die Jungs, die dort arbeiten, haben zwar schon Feierabend, machen aber für Touristen aus Deutschland gerne eine Überstunde. So können wir wenigstens den Abend in unserem neuen Zelt auf dem Campingplatz in Middelburg verbringen.

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Nach 48 Stunden Gebrauch des Automobils können wir schon eine erste Zwischenbilanz ziehen: Der CD-Spieler der HiFi-Anlage hat sich überlegt, den Betrieb einzustellen, erste Probleme mit dem Motorkühlsystem stellen sich ein wie ungebetene Gäste und uns deucht, dass in weiteren fünf Monaten nicht mehr viel vom Wagen übrig sein wird. Etwas Positives gibt es aber auch zu vermelden: Wer in Südafrika (vielleicht auch im Rest der Welt?) einen Land Rover fährt, gehört einer großen Familie an. Kurz hinter Middelburg fliegt uns die Abdeckung des Dachzeltes davon (vielleicht sah sieh eine andere Abdeckung und wollte nicht mehr allein sein), die wir daraufhin gewaltsam und ohne Gnade mit einem starken Seil befestigten. Auf der Weiterfahrt nach Mbombela (Nelspruit) werden wir alsdann oft angehupt, die Fahrer winken wild und wir denken, die Abdeckung hängt wieder auf halb Acht oder ist schon weg. Da dem aber nicht so ist und es immer Landy-Fahrer sind, die uns grüßen, erfahren wir erstmalig von diesen Familienbanden. Später lernen wir, dass Landy-Eigner zusammenhalten, sich gegenseitig helfen (was häufiger nötig ist, als die Wäsche zu wechseln) und nicht sparsam an Geschichten über ihren fahrbaren Untersatz sind. Und: taucht man irgendwo auf einem Campingplatz mit seinem Land Rover auf, kommen früher oder später Menschen auf uns zu, die von diesem Auto ganz verzückt sind und nicht selten feuchte Augen bekommen.

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In einem Supermarkt in Mbombela treffen wir Dave, der uns zum Campingplatz seiner Freunde Debbie & Mann mitnimmt. Leo’s Resort (der Platz existiert seit 2011 nicht mehr) liegt in den Bergen, die Mbombela umgeben. Riesiges Gelände, lupenreine Sanitäreinrichtungen, eine grandiose Aussicht und (leider) drei ‚verspielte‘ Hunde von unvorstellbarer Größe.
Debbie, die schon seit Jahren mit ihrem Puppentheater durch die Lande zieht, führt uns in Trockenfleisch Biltong
Trockenfleisch Biltong
Südafrikas National“sport“ ein, das Braai. In unseren Breitengraden als Grillen bekannt, hat Braai in Südafrika einen weitaus höheren Stellenwert und wird geradezu zelebriert. Es ist eben nicht nur Grillen, sondern ein gesellschaftlicher Akt, man trifft sich mit der Familie, den Freunden und Braai geht über viele Stunden, was nicht zuletzt am verwendeten Brennmaterial liegt, dem Holz des Kameldornbaumes, welches um ein Vielfaches länger glimmt als Holzkohle. Wie wichtig Braai für die Südafrikaner ist, erkennt man daran, dass Braaiplätze wirklich überall zu finden sind. Und Kultstatus haben wohl auch die Boerewors und Biltong. Bei der Boerewors (Burenwurst) handelt es sich um eine Bratwurst, die vielleicht einen Meter lang und zu einer Schnecke aufgerollt ist, das Besondere aber ist wohl eher der Geschmack, viel Koriander macht dieses Gericht sehr gewöhnungsbedürftig. Biltong ist der Trockenfleischklassiker und stammt vielleicht noch aus der Zeit der Voortrekker. Wir müssen es zugeben: Das beste Trockenfleisch gibt es wirklich in Südafrika! Verschiedene Fleischsorten, verschiedene Geschmacksrichtungen, unterschiedliche Konsistenzen… Biltong macht süchtig.
Dave gibt uns später Unterricht in Geländewagenfahren und den Rest des Tages widmen wir der Autopflege, räumen noch einmal um und bringen das Ersatzrad auf das Dach, um die Hecktüre zu schonen. Den Abend beschließen wir mit dem ersten eigenen Braai (jeder Stellplatz auf südafrikanischen Campingplätzen hat seinen eigenen Grill), das Fleisch verzehren wir jedoch auf dem Autodach, die Hunde scheinen nicht gefüttert zu werden und wir wollen nichts hergeben.

Campsite in Nelspruit
Campsite in den Bergen um Nelspruit

It’s Safari-Time! Wir sind endlich auf dem Weg zum Kruger Park, noch zwanzig Kilometer auf dem Highway bis Malelane, ein paar Formalitäten am Parkeingang und wir fahren in den wohl berühmtesten Tierpark der Welt ein. Debbie hat für uns einen Stellplatz für vier Nächte im Skukuza-Camp gebucht, stand nicht auf dem Wunschzettel, aber wir haben Glück, dass überhaupt noch etwas frei ist. Kurz hinter dem Parktor gehen wir erst einmal auf Schleichfahrt und suchen das wilde Tier. Die knapp 12 Kilometer bis nach Skukuza sind jedoch etwas ernüchternd, außer einigen Impala-Antilopen und Gnus ist nicht viel zu sehen, aber davon bleiben wir ziemlich unbeeindruckt. Tierbeobachtung ist in erster Linie eine Frage der Geduld.
Wir erreichen Skukuza am Spätnachmittag, zahlen für die Übernachtung und kaufen gleich eine „Wild-Card“, die uns freien Eintritt in alle Nationalparks Südafrikas garantiert. Eine feine Sache und wir sparen später auf diese Weise eine Stange Geld. Schnell das Dachzelt aufgebaut, ein paar Nudeln gekocht und verzehrt, im Skukuza-Shop gibt es kaltes Bier dazu und wir liegen bald in den Kunst-Federn unserer Bettdecken, wollen wir doch in den nächsten Tagen immer sehr früh „im Busch“ sein. Daraus wird nicht wirklich etwas und hier zeigt das Dachzelt sein wahres Gesicht: es möchte jeden Morgen vor der Weiterfahrt abgebaut werden! Am Abend müssen wir dann einen neuen Stellplatz suchen, ein Handtuch auf einem Liegestuhl wird auf einem südafrikanischen Campingplatz keinerlei Wirkung zeigen. Unser Zwei-Personen-Kuppelzelt, welches man als Platzhalter hätte aufstellen können, haben wir natürlich in Harare gelassen.

Malelane Gate / Kruger Park
Malelane Gate / Kruger Park
Schleichfahrt im Kruger Park
Schleichfahrt am Sabie River
Geparden-Pärchen / Kruger Park
Geparden-Pärchen / Kruger Park

Der Kruger Park ist in vielerlei Hinsicht ein Erlebnis. Wir haben das Glück und sehen vier der Big Five, lediglich der Löwe wollte uns nicht behelligen. Als Ausgleich können wir fast eine Stunde ein Gepardenpärchen bei seiner täglichen Arbeit beobachten. (Nur am Rande sei bemerkt, dass wir zu geizig waren, ein Fernglas zu erwerben, das machen wir dann in den letzten Tagen unserer Reise, dies ist allerdings eine andere Geschichte. In der Not fotografieren wir die Tiere, die weit entfernt sind, überspielen die Fotos auf den Laptop und vergrößern das Bild millionenfach, um zu erkennen, was wir sehen.) So faszinierend die Tierwelt im Park auch ist, wir sind etwas enttäuscht, glaubten wir doch, der Park sei insgesamt etwas „wilder“. Ein Großteil der Straßen ist geteert, viele Fahrzeuge sind unterwegs, auch Reisebusse, und gibt es einmal etwas Außergewöhnliches zu sehen, stauen sich die Autos nachgerade. Man müsste im Park Ampeln aufstellen, um den Verkehr zu regeln, frotzeln wir. Die Abende am Campingplatz sind auch etwas seltsam, Punkt sechs Uhr kramen die Gäste ihre Grillsachen heraus und es dauert nicht lange, bis der Platz in eine Wolke aus Grillfeuerrauch und gebratenem Wildtier gehüllt ist. An den Zäunen, die das Camp umgeben, laufen alsbald die Hyänen auf und ab, in der Hoffnung auf ein Stück gut gewürztes Wildbret. Denken wir an den Kruger Park zurück, dann eher mit gemischten Gefühlen, das hatte nicht viel mit Abenteuer und afrikanischer Wildnis, sondern eher mit einem touristischen Großprojekt zu tun.

Ein paar Details

Lebenshaltungskosten in Südafrika unterscheiden sich kaum von denen in Europa. Ein direkter Vergleich ergibt, dass z.B. der Besuch eines Restaurants in Deutschland teurer, ausgesuchte Lebensmittel hingegen billiger sind. Selbstversorger werden in der Summe ähnliche Ausgaben haben wie in während eines Urlaubs in Europa. Die Spritpreise hingegen liegen (noch) deutlich unter europäischem Niveau (Benzin: 0,96 €). In Bezug auf das leibliche Wohl wird man in Südafrika auf nichts verzichten müssen.
ca 485 Kilometer
Übernachtung in:
Middelburg – Olifants River Lodge, 8 Presidentsrus St, Middelburg, GPS: -25.76294, 29.31451
Nelspruit – Leo’s Camping, Plot 24 Hilltop, Nelspruit, an der R40 Richtung Barberton, etwa 12 km von Nelspruit, GPS: -25.56460, 30.94179 (Platz ist leider schon lange geschlossen)
Kruger Park – Skukuza Rest Camp, größtes Camp im Kruger Park mit allen Annehmlichkeiten und Nachteilen eines solchen, GPS: -24.995559,31.592098
Eintritt usw.:
Kruger Park: ZAR 400 – Erw./Tag (ca. 25€), ZAR 200 – Kind/Tag, eine „Wild Card“ (Zugang zu allen Nationalparks im Land) kostet ZAR 3105/p.P (190 €), ZAR 4850 (298€ für ein Paar) bzw. ZAR 5800 (356€, Familie mit bis 5 Kindern unter 18)

Reiseroute


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