Sonnenuntergang
War das ein Ausflug! Da warten wir drei Wochen auf die Autopapiere und dann dauert es nicht einmal 48 Stunden und wir sind aus Lesotho heraus. Was soll man dazu sagen?
Erst einmal gar nichts, konzentrieren wir uns wieder auf das, was vor uns liegt und vielleicht können wir mit dem Land Rover doch etwas anfangen…, in gemäßigteren Breitengraden. Aus Ficksburg, benannt nach General Johan Fick, sind wir fix heraus, außer ein paar Kolonialhäusern gibt es nicht zu viel zu sehen. Gleiches gilt auch für das knapp fünfzig Kilometer entfernte Fouriesburg, welches den Namen seines Erfinders Rooi Stoffel Fourie erhielt (Stoffel?). Da sich die Sonne mit ihren Strahlen bereits dem Ende zuneigt, machen wir uns auf die Suche nach einem Stellplatz für Auto und Zelt.
Im Süden der Stadt, nach einer Fahrt über Stock und Stein, werden wir nahe der Grenze zu Lesotho fündig. Es ist immer noch Nebensaison und so dauert es, bis wir einen Ansprechpartner finden, der uns einweist. Irgendwo in der Wildnis zu übernachten ist schon seltsam, noch merkwürdiger ist es allerdings auf einem Campingplatz, der völlig ausgestorben ist. Daran ändert sich auch am nächsten Tag nichts, wir bleiben aber noch ein paar Stunden, machen eine Wanderung auf einem als solchen ausgezeichneten „Wildnispfad“, der sich als halb so wild entpuppt.
Bald sitzen wir wieder auf dem Bock und nach etwas über dreißig Kilometer erreichen wir Clarens, benannt nach dem gleichnamigen schweizerischen Ort, in dem der ehemalige südafrikanische Präsident Paul Kruger seine letzten Tage im Exil verbrachte. Clarens, am Fuße der Maluti-Berge, ist ein kleines pittoreskes Städtchen mit vielen Siedlerhäusern, einer Künstlerkolonie und nicht zuletzt das Tor zum Golden Gate Highlands Nationalpark.


Dieser Park am Fuß der Maluti-Berge gehört mit seinen massiven, farbenprächtigen Sandsteinformationen, die im Abendlicht goldgelb leuchten und dem Park seinen Namen geben, zu den Highlights im Free State. Die Vegetation besteht im Wesentlichen aus ursprünglichem Grasland, im Park leben außerdem Gnus, Eland Antilopen, Blessböcke, Oribis, Springbokantilopen und Bergzebras. Schlussendlich gibt es auch einige Höhlenmalereien der San-Buschleute zu sehen. Kurz hinter dem Protea Hotel fahren wir von der Hauptstraße nach rechts in die Berge hinein auf einen Game View Drive. Von hier oben hat man einen herrlichen Blick auf die Mushroom Mountains, allerdings ist es so windig, dass es uns den selbst gebrühten Kaffee aus den Tassen weht. Das ist nicht mehr so lustig und wir machen uns wieder auf den Weg Richtung Osten, besuchen das Basotho Cultural Village, passieren den Sterkfontein-Damm und kaufen dort einem fliegenden Händler ein paar Tonfiguren ab, die jedoch nicht den Weg nach Deutschland finden werden, fahren und fahren und fahren bis der verlängerte Rücken schmerzt, gegen Abend erreichen wir erschöpft den Royal Natal Nationalpark, finden durch Zufall einen Campingplatz (auf dem es nebenbei vor Klippschliefern – ähnlich unserem Murmeltier – wimmelt). Noch einmal sind wir zu den Drakensbergen zurückgekehrt, gilt es doch das spektakuläre Amphitheater, eine acht Kilometer lange und tausend Meter hohe, fast senkrechte Felswand zu besichtigen. Den Plan, in die Tugela Gorge (Schlucht des Tugela River mit Wasserfällen) oder zum 3282 m hohen Mont-Aux-Sources zu wandern, geben wir schnell auf, erfahren wir doch, dass dies nur durch ein mehrtägiges Trekking zu bewerkstelligen ist. Nun ja, wir sind nicht die geborenen Wandervögel, die Aussicht auf das Amphitheater genügt vollkommen.




Wir sind uns immer noch nicht ganz sicher, was wir als Nächstes tun werden. Auf der einen Seite locken Namibia und Botswana, andererseits haben wir noch eine Menge persönlichen Kram in Zimbabwe, der auf seine Abholung wartet. Ein Blick auf die Landkarte zeigt uns, dass die Weiterfahrt in Richtung Norden so oder so eine gute Lösung sein wird. Gesagt, getan. Zum x-ten Mal fahren wir durch Ladysmith, campieren wieder in Dundee und Middelburg in Mpumalanga … Polokwane wird schließlich zum Schauplatz der Entscheidung. In einem Outdoor-Shop erstehen wir ein neues Cover für unser Dachzelt und einen Reiseführer für Botswana nebst Karte, zur Belohnung gibt es die Adresse eines Mechanikers, der sich mit Land Rovern auskennt bzw. auskennen soll. Wir karren den Wagen dorthin, zum zweiten Mal wird er auf Herz und Nieren geprüft, einige wesentliche Teile gehören ausgetauscht und wir erhalten das Urteil: Das Fahrzeug ist safaritauglich und es wird uns noch überleben!
Vor diesem Hintergrund und angesichts der Schwärmereien des Outdoor-Verkäufers in Bezug auf Namibia und Botswana ist der Entschluss rasch getätigt, es geht gen Westen in die Nachbarländer Südafrikas. Dies macht umso mehr Sinn, als wir so die Regenzeiten in diesen Ländern umgehen werden.
In Polokwane verbringen wir die Nacht in einem Motel, trotz intensiver Suche schaffen wir es nicht, den Campingplatz in der Nähe des neugebauten Fußballstadions ausfindig zu machen. Die Einheimischen können uns auch nicht weiterhelfen und unsere Zweifel, ob dieser Platz wirklich existiert, scheinen berechtigt. Bei Bier, Brot und Biltong werden wir uns einig, über Namibia nach Botswana und Zimbabwe zu fahren und dann den Kreis in Südafrika zu schließen… falls nichts dazwischen kommt. Diese scheinbare Flexibilität kostet uns ein paar Hundert Kilometer, müssen wir doch zunächst wieder zurück in den Süden. Erste Station ist Pretoria, der dortige Campingplatz ist Treffpunkt einer Gruppe sanges- und trinkfreudiger Südafrikaner, die dort einen Geburtstag oder sonst etwas feiern. Bis zum Sonnenaufgang plärren südafrikanische Schlager aus einer Stereoanlage so groß wie ein Fußballtor, die Geburtstagsgäste grillen, was die Kühltaschen hergeben, ein dichter Nebel aus Grillqualm, Bierdunst und Gesangslärm legt sich über den Campingplatz, an Schlaf ist nicht zu denken.
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Mit sehr dunklen Augenringen machen wir uns auf den Weg in den Westen, die wenig abwechslungsreiche Landschaft und die fehlende Nachtruhe führen zu Unkonzentriertheit, wir verfahren uns mehrere Male und schlafen im Schichtbetrieb unseren Pretoria-Campingplatz-Rausch aus. Gegen Abend erreichen wir Kuruman. Bei Nacht sind Katzen grau und Städte eher schwarz, erst am nächsten Tag können wir etwas von der „Oase der Kalahari“ sehen. Kuruman trägt diesen Namen durchaus mit Verdienst, obgleich bereits in einer Halbwüste gelegen, ist die Fauna hier verhältnismäßig üppig, was nicht zuletzt an der berühmten Quelle „Die Oog“ liegt, welche jeden Tag bis zu 30 Millionen Liter Frischwasser liefert. Wir lassen die Quelle allerdings links liegen und fahren zur Missionsstation des Robert Moffat, eines schottischen Missionars, der in Kuruman von 1820 bis 1870 lebte und die Bibel in eine afrikanische Sprache übersetzte, eine fantastische und die Welt bewegende Leistung. Die Mission hält uns nicht länger als nötig auf, bis Namibia sind es noch ein paar Meilen und wir sind bald wieder auf der Straße.


Upington, ebenfalls aus einer Missionsstation hervorgegangen, ist eine recht verschlafene Stadt, vielleicht liegt es aber auch nur an der Hitze zu dieser Tageszeit, dass wir kaum Menschen zu Gesicht bekommen. Bei einer Land Rover-Vertretung erwerben wir einen Keilriemen, der dürfe in keiner Werkzeugkiste fehlen, insbesondere auf einer Reise nach Namibia. Tatsächlich werden wir diesen Riemen am Ende unserer Reise originalverpackt verkaufen, wir glauben allerdings auch an das Regenschirm-Prinzip und werden uns schwarz ärgern, wenn wir irgendwo zwischen Nichts und Niemand mit gerissenem Keilriemen stehen. Na ja, und so teuer war er dann auch nicht… Als Frank später unter die Motorhaube schaut, fragt er sich, wie er diesen Riemen im Falle einer Reparatur anbringen soll, das Ding laufe über mindestens 20 Rollen, wo ist der Anfang, wo das Ende? Auch auf die Gefahr doppelt gefahrener Kilometer hin, wir bleiben zunächst auf der Straße Richtung Westen, ein Besuch der Augrabies-Wasserfälle scheint uns lohnenswert. 120 Kilometer geht es durch Halbwüste, kultivierte Flächen, Weinberge, ab und an sieht man den Oranje-River in der immer tiefer stehenden Sonne aufblitzen, am späten Nachmittag durchfahren wir das Tor zum Augrabies-Nationalpark, stellen unser Auto ab und das Zelt auf und wissen, dass wir hier nicht lange bleiben werden. Myriaden kleiner Sandfliegen sind unterwegs und suchen uns in Augen, Ohren und Nase zu kriechen, wir fragen uns, wie die anderen Camper dies aushalten und mummeln uns trotz der hohen Temperaturen in alle möglichen Tücher ein. Sonnenbrille und Hut runden die Schutzmaßnahmen ab, wir schwitzen wie der Teufel, sind aber dem Ansturm dieser Fluginsekten nicht mehr zur Gänze ausgeliefert. Das Rezept der Südafrikaner gegen diese Pest scheint im Übrigen recht simpel, sie grillen den ganzen Tag, der Qualm vertreibt auch noch die letzte Fliege. Zugegebenermaßen sind wir vielleicht etwas empfindlich, Dinge, die man nicht ändern kann, sollte man einfach akzeptieren. Wildes Umsichschlagen hilft jedenfalls in den seltensten Fällen…
Apropos Fälle: Hauptsehenswürdigkeit im Augrabies-Nationalpark ist der Wasserfall, der 56 m in die Tiefe stürzt sowie die spektakuläre 18 km lange und bis zu 200 m tiefe Felsenschlucht, die der Oranje im Laufe der Jahrtausende hier ausgewaschen hat. Nachts hört man das Tosen des Wassers bis zum Zeltplatz und freut sich, dass die fürchterlichen Sandfliegen nach Einsetzen der Dämmerung das Weite suchen. Das seltene Kap-Spitzmaulnashorn zeigte sich während unserer Anwesenheit nicht (Frechheit!) und so machen wir uns am nächsten Tag auf den Weg in die Kalahari.
Die Kalahari! Wer hat nicht schon von dieser Wüstenlandschaft und seinen schwarzmähnigen Löwen gehört oder gelesen? Professor Grzimek hatte uns in abendfüllenden Sendungen alles beigebracht, was man über die Serengeti und die Kalahari mitsamt ihrer „possierlichen Tiere“ wissen musste und wollte. Dank seiner Tierfilme war man gewissermaßen Experte in Sachen afrikanischer Tierwelt (kurioserweise weiß man oft mehr, als die Einheimischen – diejenigen aus der Großstadt natürlich), nun stehen wir vor den Toren dieses berühmten und auch bei Südafrikanern so begehrten Naturschutzgebietes. In der Tat scheint der Besuch des Kgalagadi Transfrontier National Parks bei den Einheimischen einen ganz anderen Stellenwert zu haben als etwa eine Safari im Krüger-Park, so kam es uns jedenfalls vor. Wenn wir unterwegs von der Kalahari sprechen, leuchten stets die Augen unserer Gesprächspartner, teils wissend, teils träumend und alle freuen sich mit uns, dass wir die Gelegenheit haben, diesen Park zu besuchen. Woran das liegt? Keine Ahnung, vielleicht an der unzugänglichen Lage, der Wildheit des Parks, dem Mangel an Komfort, der einem das Gefühl gibt, einem der letzten Abenteuer dieser Welt entgegenzutreten und die Stirn zu bieten? Oder alles zusammen und mehr? Indes: Wir leben im 21. Jahrhundert und ganz so abenteuerlich ist nichts mehr, auch im Kgalagadi Transfrontier National Park muss man auf die abendliche Dusche, Bier und Grillfleisch nicht verzichten und wer Geld hat, kann hier richtig komfortabel hausen. Denn vielleicht gehört das auch zu einer Safari, am Nabel der Natur mit Federbett, Duschkabine und persönlichem Service.
Doch der Reihe nach. Wir müssen noch einmal durch Upington, ergänzen unsere Vorräte in einem der großen Supermärkte und machen uns auf den schnurgeraden Weg in den 260 Kilometer entfernten Nationalpark. Die Vegetation wird nach einigen Kilometern außerhalb Upingtons schon etwas spärlicher, dafür wird es heißer. Wir schließen die Fenster unseres Landys und probieren das aus, was laut Betriebsanleitung eine Klimaanlage sein soll. Es wird auch tatsächlich kühler, wir wollen aber nicht entscheiden, ob diese Anlage wirklich ihren Dienst verrichtet oder ob der Fahrtwind das Innere des Autos herunterkühlt, das sich durch die geschlossenen Fenster ordentlich aufgeheizt hatte. Wir öffnen die Fenster wieder und atmen auf, lassen wir das mit der Klimaanlage besser sein.


Als wir Askham (?, if you have a question, ask Ham) erreichen, haben wir unseren Schmelzpunkt erreicht und lenken den Wagen kurzerhand in die Molopo Kalahari Lodge, lassen den Motor ersterben, krabbeln auf das Dach und genießen den Sonnenuntergang über der Kalahari. Diese Lodge wird die teuerste auf unserer gesamten Reise sein, zum Ausgleich gibt es einen Swimmingpool, private Duschräume, zweilagiges Klopapier(!) und die Kalahari-BuschmannGelegenheit, mit ein paar San-Buschleuten zu sprechen, die zwar in erster Linie darauf aus sind, ihre handwerklichen Erzeugnisse zu verkaufen, aber auch gerne zu kulturellem Austausch bereit sind. Wir erfahren, dass die San als die ersten Bewohner Afrikas gelten und vielleicht als die ältesten Menschen überhaupt, manche halten die San für die Wurzel der Menschheit. Diese Buschleute waren in der Regel Jäger und Sammler, lebten in Gruppen bis zu 200 Personen zusammen und führten ein Nomadenleben. Dies erklärt auch die weit über das südliche Afrika verstreuten Höhlenmalereien der San. Diese Malereien werden von einigen Wissenschaftlern als Hinweise für nachziehende Nomaden gedeutet, quasi als Steckbrief, was es in dieser Gegend an Flora und Fauna gibt. Die kleinwüchsigen San jagten lange Zeit mit Pfeil, Bogen und Speeren oder bedienten sich der sogenannten Ausdauerjagd, in dem sie das Beutetier zu Tode hetzten. Im Leben der San spielt außerdem das Straußenei eine wichtige Rolle, als Nahrungslieferant, Wassercontainer, Rohstoff für Schmuck und die Buschmannperlen, eine Art Zahlungsmittel dieser Menschen. Die San der heutigen Zeit haben nicht mehr viel zu lachen, seit dem 17. Jahrhundert waren sie immer Ziel von Vernichtungsfeldzügen, sie wurden versklavt, in Zirkussen oder Zoos als Exoten ausgestellt und mehr und mehr ihres Lebensraumes beraubt. Wer „Glück“ hat, hat heutzutage einen Job als Landarbeiter, Arbeitslosigkeit und Alkoholismus sind sehr verbreitet und, na ja, die Kultur der San hat in unserer hochtechnisierten, egozentrischen und naturfeindlichen Welt wohl kaum eine große Überlebenschance. Wir erfahren noch einiges mehr über das Leben der San, erzählen auch von uns und Europa, sind aber nicht sicher, ob sie das wirklich interessiert. Am Ende ersteht Sabine noch eine Halskette, ob überteuert oder nicht ist egal, die Kette ist schön und Sabine freut sich, was will man mehr. Nach dem Frühstück tauchen wir noch einmal in den Swimmingpool ein und wundern uns unter der Dusche über das sehr weiche Wasser, welches einen erbsengroßen Tropfen Duschgel wie verrückt aufschäumen lässt. Gegen Mittag stehen wir dann am Tor des Nationalparks, buchen zwei Nächte im Twee Rivieren Camp, leider war weiter im Park nichts mehr frei, und wenig später holpern wir über die staubige Waschbrettpiste in das Herz der Kalahari.

Der Kgalagadi Transfrontier National Park besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen, dem südafrikanischen und dem botswanaischen Teil der Kalahariwüste mit einer Fläche von rund 38.000 km². Die Staatsgrenzen werden durch den Fluss Nossob, der quer durch den Park verläuft, markiert. Den Fluss kann man übrigens ohne Formalitäten in beiden Richtungen überqueren. Die Landschaft des Parks besteht hauptsächlich aus mit Dünengräsern bewachsenen Dünenfeldern. Häufig vorkommende Tierarten sind die Oryxantilopen, Springböcke, Gnus, Eland, Giraffen und Löwen. Auch ein bunter Strauß an Vögeln ist zu sehen, viele Sekretärvögel, Greifvögel aller Art, Stare, Finken und Webervögel. Neben den Dünengräsern sind die Kameldornbäume vorherrschende Vegetation.
Es ist noch recht früh am Tage und wir lassen das Camp, welches sich direkt am Eingang befindet, Camp sein und folgen der Hauptroute, die sich nach ein paar Kilometern teilt. Wir halten uns links, fahren ein paar Kilometer durch Dünen, sehen ein paar Vögel und kommen schließlich zu den künstlichen Wasserstellen, die bereits von Tieren und motorisierten Besuchern umzingelt sind. Gnus und Oryxantilopen sind sehr zahlreich und lassen sich durch uns auch nicht irritieren. Wir machen den Motor aus und schauen uns das bunte Treiben in Ruhe an. Sofern man etwas sehen kann, ein Wermutstropfen dieses an sich sehr schönen Parks sind die „Straßen“, staubige Wellblechpiste vom Allerfeinsten. Sabine und ich müssen uns wieder einmal anschreien und nicht etwa, weil der Haussegen schief hängt. Unser Wagen nimmt jede Welle mit und multipliziert die dabei entstehenden Geräusche mit 100. Außerdem glaubt Frank, dass der grüne Gartentisch, auf dessen Erwerb Sabine in keinem Fall verzichten wollte, Klappergeräusche von mehr als 250 Dezibel verursacht. Später stellen sich die Schiebefenster des Landys als locker und Verursacher dieses den Nerv tötenden Lärms heraus. Der Gartentisch wird rehabilitiert, die Fenster hingegen fixiert und abgedichtet, mit einem Mal haben wir auch nur noch halb so viel Staub in unserem Vehiculum. Man lernt jeden Tag etwas Neues hinzu! Diese Aktion ändert aber nichts an dem Umstand, dass man minutenlang blind in einer gelblich-weißen Wolke verharrt, wenn man überholt wird. Dies wird auch der Grund sein, warum alle so schnell fahren, jeder will der Erste mit freier Sicht sein. Das Wellblech der Piste sorgt zudem für Rückenschmerzen am Ende des Safaritages und für den Verlust unserer Sandschaufel, die fest an den Dachgepäckträger geschraubt war. Sehr fest.
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Als wir uns an den Antilopen satt gesehen haben, machen wir einen Abstecher zu dem kleinen, parkeigenen Museum, das ein wenig Aufschluss über das harte Leben der Siedler in dieser unwirtlichen Gegend gibt, ein Verbindungsweg über die Dünen führt uns auf die zweite Hauptroute des Parks, die dem Lauf des Nossob folgt. Der Fluss führt zu dieser Zeit sehr wenig Wasser, daher sehen wir auf den nächsten dreißig Kilometern lediglich ein einziges Erdhörnchen, welches aufrecht stehend und neugierig zusieht, wie wir auf der Schotterstraße hin- und herschlingern. Zurück auf dem ersten Hauptweg ist uns das Glück noch einmal hold, eine paar Autos halten in der Nähe einer Buschgruppe, die Insassen zeigen aufgeregt nach Osten, wir halten mit der Kamera einfach drauf und sind später bass erstaunt, auf unseren Fotos ein Löwenrudel zu entdecken, welches wir vorher nicht einmal ansatzweise ausmachen konnten. Vielleicht ist nun doch die Zeit gekommen, einen Augenarzt aufzusuchen… Zurück im Camp Twee Rivieren kann man kaum etwas erkennen, einerseits setzt die Dämmerung ein und der Staub der ankommenden Safari-Isten legt sich langsam, viel schlimmer ist aber der Grill-Rauch, der aus jeder Ecke aufsteigt und die Augen reizt und tränen lässt. Ungeachtet dessen finden wir noch einen Platz zum campen, es ist sehr eng und die Leiter unseres Dachzeltes steht fast in das Wohnzimmer des Campers zur rechten Seite. Die guten Plätze waren natürlich schon früh vergeben, viele stellen ein leeres Zelt auf einen guten Platz und gehen dann auf Safari, das erinnert uns irgendwie an Handtücher auf Liegestühlen auf Mallorca…
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Am nächsten Morgen sind wir früh aus den Federn, außer einem schlechten Stellplatz haben wir nichts zu verlieren und wir wollen zum Sonnenaufgang an den Wasserlöchern sein. Zu dieser Zeit ist es noch recht kühl und wir hoffen, viele Tiere beobachten zu können. So läuft uns denn auch bald eine Herde von etwa 50 Gnus vor den Kühler, die Oryxantilopen und Springböcke sind zahlreich wie eh und uns beschleicht das Gefühl, die haben sich seit gestern gar nicht fortbewegt… und sind gar nur aus Pappe… Noch einmal fahren wir mitten hinein in die Kalahari, verbringen mehrere Stunden auf einem Aussichtshügel in der Nähe von Bitterpan und genießen das Farbenspiel der roten Erde im Verlauf der immer höher steigenden Sonne. Vor unseren Augen fängt ein Bussard eine Schlange, mehrere Schakale kreuzen unseren Weg und einmal glauben wir in der Ferne eine Wildkatze zu erkennen, aber vielleicht sind wir einfach schon zu lange der Hitze ausgesetzt und nehmen Luftspiegelungen für bare Münze. Unsere „Ausbeute“ an großen Tieren ist am heutigen Tag eher spärlich, das ist jedoch völlig irrelevant; es ist einfach spannend, auf die Suche nach dem Wild zu gehen und auf der anderen Seite freut man sich über kleinere Lebewesen, die man sonst gar nicht beachten würde.
Noch einmal kämpfen wir am Twee Rivieren Camp gegen den Barbecue-Dunst und um einen Stellplatz, der es uns erlaubt, alle vier Räder des Land Rovers die Erde berühren zu lassen und machen uns am nächsten Tag frisch geräuchert auf den Weg nach Rietfontein, um dort die Grenze nach Namibia zu überschreiten. Auch für uns war der Kgalagadi Transfrontier National Park etwas Besonderes, wir wunderten uns über die karge und doch eindrucksvolle Landschaft und die Anpassungsfähigkeit der hier lebenden Tiere. Und wir fragen uns manchmal, ob es nicht doch besser wäre, diese Gegenden einigen wenigen Kamerateams zu überlassen und die Tiere im Fernsehen anzuschauen, statt mit einer Horde anderer Touristen durch das Wohnzimmer dieser Wüstenbewohner zu fahren und viel Staub aufzuwirbeln. Nach Abwägung aller Für und Wider kommen wir heute allerdings zu keinem Ergebnis, wir starten den Motor und machen uns auf den Weg zu neuen Abenteuern…
ca. 2565 Kilometer
Übernachtung in:
Fouriesburg – Meiringskloof Nature Park, 54 De La Harpe Street, 1.7 km südlich von Fouriesburg, GPS: -28.602609, 28.224315
Royal Natal NP – Mahai Camp, Royal Natal National Park, UKhahlamba-Drakensberg Park GPS: -28.688254, 28.947515
Polokwane – Limpopo Lodge, 148 Tweetfontein, Polokwane, GPS: -28.688254, 28.947515
Pretoria – J.Becker Caravan Park, William Wilson St., Pretoria, GPS: -25.699009,28.179352
Kuruman – Kuruman Caravan Park, Voortrekker Rd. (R21), Kuruman, GPS: -27.465937,23.435018
Augrabies – Augrabies Falls National Park Rest Camp, 8874 Augrabies,, GPS: -28.593095,20.337657
Askham – Molopo Kalahari Lodge, Andries Bale Farm, R360,Askham, GPS: -26.931655,20.661442
Kalahari NP – Twee Rivieren Restcamp, Kgalagadi Transfrontier Park, GPS: -26.473397,20.612589
Eintritt usw.:
Golden Gate Highlands NP – R224 (E), R112 (K)
Basotho Cultural Village – Eintritt (noch?) frei
Royal Natal National Park, R40 (pro Tag)
Robert Moffat-Mission – Eintritt frei
Augrabies Falls – R224 (E), R112 (K)
Kgalagadi Transfrontier Park, R384 (E), R192 (K),
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