Sachertorte und Sisi


Mit Tempo 25 rauschen wir am 27.4.2011 von Hrusovany, Grenzformalitäten gibt es keine, nach Laa in Österreich. Wenn das so weitergeht, sind wir schon in wenigen Stunden in Wien. Wären da nicht die Leiser Berge, Grenzübertritt nach Österreich
Grenzübertritt nach Österreich
die das Stundenmittel fürs Erste nach unten korrigieren. Außerdem verfahren wir uns zwischen Oberunterdorfenhausen und Hintervorderweilerheim, noch einmal 10 km extra… Von Ernstbrunn schließlich, an einem Supermarkt nehmen wir ersten Kontakt mit den Einheimischen auf, geht es dann aber fast nur noch bergab, nicht steil, aber stetig, und auch der Wind bläst aus der richtigen Richtung und trocknet eventuellen Schweiß am Rücken. 22 km in einer Stunde, nicht schlecht! Für uns!
Bald ist Korneuburg mit schmuckem Rathaus erreicht; bei „Hofer“, vergleichbar mit Aldi, gibt es keine Trockenkaffeemilch, und so wird morgen ein „schwarzer“ Tag werden. Korneuburg liegt unmittelbar an den nördlichen Ufern der Donau, Wien hingegen auf der Südseite des Stroms. Die Korneuburger, nicht unpfiffig, haben für Reisende mit dem Ziel Wien eigens eine Donaufähre eingerichtet, die uns nach kurzer Wartezeit flugs an das andere Ufer nach Klosterneuburg bringt. Diese Fähre wird übrigens nicht mit der Kraft von Motoren bewegt, sie hängt vielmehr an Seilen und wird lediglich von der Flussströmung getrieben. Interessant. Der Arbeitstag ist für heute schon vorbei und auf dem Campingplatz in Klosterneuburg begegnen uns zum ersten Mal (!) Radreisende: ein holländisches Ehepaar (ganz begeistert, weil wir das gleiche Zelt haben) ist auf dem Weg nach Asien und zwei Schweizerinnen, die noch gar nicht so genau wissen, wohin es sie treiben wird…

Wien…
eine der altehrwürdigen Hauptstädte Europas, mit Geschichte beladen, Sitz der Habsburger Herrscher, Kulisse des Dramas um Franz und Sisi, blühende Rose in der Zeit des Barock, Herberge zahlloser Bauwerke, die in aller Welt bekannt sind, Wirkungsstätte von Heerscharen von Komponisten auf höchstem Niveau und und und… Wien ist schon eine Klasse für sich und insbesondere in Österreich.
In den nächsten beiden Tagen schauen wir uns in der Stadt um, atmen Flair und Abgase ein, logieren in einem Vier-Sterne-Kasten (ein weiteres Geschenk der Schwiegereltern) unweit der Innenstadt und nehmen alles auf, was die Stadt zu bieten hat und in zwei Tagen möglich ist. Ein Höhepunkt ist zweifelsfrei die gehaltvolle Sachertorte nebst einem Kännchen Kaffee im Café Central, in dem u.a. schon Leo Trotzki seine Nachmittage ausfüllte. Schloss Schönbrunn und seine Gärten, das Burgtheater und der Stephansdom stehen ebenso auf unserer Speisekarte wie der Prater, Schloss Belvedere und die Staatsoper. Gegen eine Fahrt mit einem Fiaker kann ich mich hingegen erfolgreich erwehren. Zwei Tage reichen für dieses Sammelsurium an Kultur, Architektur und Lebensart bei weitem nicht und gegen Ende des zweiten Tages können wir uns kaum noch rühren, sodass wir sehnlichst den harten Sattel des Fahrrades herbeisehnen.
Wien gefällt uns in der Retrospektive nicht so gut wie Prag und wir rätseln lange herum, woran das liegt. Sind die Häuser zu hoch oder zu farblos (Weiß scheint vorherrschender Anstrich), ist die Stadt zu groß, das Leben zu hektisch, der Wiener zu Schmäh? Möglicherweise von allem ein wenig und am Ende war die Zeit zu kurz und das Gehetze zu groß.

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Schloss Schönbrunn / Wien
Schloss Schönbrunn – Sommerresidenz für Kaiserin Maria Theresia

Wie dem auch sei, wir planen Wien über den Donau-Radweg in Richtung Bratislava zu verlassen, laut offiziellem Prospekt eine Tour von etwa 65 km, weiß der Himmel, warum unser Tacho am Abend des 30. April 95 km anzeigt. Na ja, eigentlich wissen wir es schon, denn wenn man an Radwegschildern vorbeifährt, weil man quatscht oder einfach nur vor sich hinträumt und so wichtige Abzweige übersieht…
Der Donau-Radweg von Wien Richtung Osten wird uns in Erinnerung bleiben, das nicht nur im positiven Sinne: einerseits verläuft er kilometerlang durch wunderschöne Auen-Landschaften mit Tier und Baum, dann wieder geht es über lange Strecken nur geradeaus; links und rechts des Wegs ist man von Buschwerk eingepfercht und sieht nur Blattwerk und Geäst und man freut sich über jede Unebenheit des Straßenbelags als eine willkommene Abwechslung. Der Blick auf die weiße Pressburg an den Gestaden der Donau im Licht der späten Nachmittagssonne zeigt uns schließlich, dass die Slowakei nicht mehr weit ist.

Donau-Auenlandschaft
Donau-Auenlandschaft
Donau-Radweg
Donau-Radweg
Ein paar Details

Strecke: 188 Kilometer
Etappen: 2
Anstieg: 558m | Abstieg: 614m

= Unterkunft: C = Camping | H = Hotel | P = private Unterkunft, Pension
Etappen in Österreich
Datum Etappe von – nach km km total Zeit HöhM Temp.
27.04.2011 Hrušovany – Klosterneuburg (AUT) 81:84 1345 5:19 515 19° C
28.04.2011 Klosterneuburg – Wien 10:58 1356 5:34 30 22° H

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