Durch die Wüste


Tel Aviv – Bet Shemesh

Wir schlagen gegen 8 Uhr in Tel Aviv auf, na ja, genau genommen landen wir auf dem Ben Gurion Airport. Bevor wir uns um unser Gepäck kümmern können, haben wir bei der Immigration lang und breit zu erklären, warum wir keinen israelischen Stempel in den Reisepass haben wollen. Die Schlange hinter uns wird immer länger, vielleicht ein Grund, warum wir den Stempel dann auf ein Blatt Papier bekommen. Vor der Gepäckausgabe erfolgt noch einmal eine Passkontrolle, besagtes Papier wird unseren Pässen entnommen und zerrissen. Hm, jetzt haben wir gar nichts mehr. Unsere Frage, ob dies alles rechtens sei, wird nur mit einem Nicken beantwortet. Gut.
Endlich erhalten wir unsere Fahrräder wieder. Nachdem die 25 Kilometer Plastikfolie entfernt ist, atmen wir etwas auf. Die Schutzbleche sind zwar verbogen und Franks Schmutzfänger weg, ansonsten scheinen die Räder unbeschädigt. Schnell setzen wir sie zusammen und versuchen mit unserer Minipumpe 3 Bar in die Reifen zu blasen, was leidlich gelingt. Taschen angehängt und schon stehen wir in der Ankunftshalle,Ben-Gurion-Flughafen / Israel
Ankunft am Ben-Gurion-Flughafen / Israel
wo wir alsbald von einem israelischen Ehepaar angesprochen werden, die auf die Ankunft ihrer Tochter warten. Sie sind sehr interessiert an unserer Tour und wir töttern fast eine halbe Stunde. Sie legen sich auch mächtig ins Zeug, uns unsere Route nach Jerusalem zu erklären und es gibt ein paar wertvolle Tipps, welche Straßen zu nutzen und welche zu meiden sind. Nette Leute und ein guter Einstieg in einem neuen Land. Frank hat leider immer noch Probleme, seine Herkunft preiszugeben, er glaubt immer zu erkennen, dass die Israelis zusammenzucken, wenn wir sagen, wir kämen aus Deutschland. Er stammt noch aus der Generation, die bis zum Abwinken mit Serien wie „Holocaust“ und anderen Filmen zur Aufarbeitung der historischen Verantwortung penetriert wurde. Typisch Deutsch, alles, was wir machen, machen wir gründlich, das gilt auch für das Kultivieren von Schuldgefühlen. Wichtig ist, nicht zu vergessen, aber nicht so, wie es in den 70ern und 80ern erfolgte.

✦✦✦

Als wir das Flughafengebäude verlassen, haben wir den ersten Kontakt mit der Polizei. Waren wir froh, dass wir uns auf Zypern schnell an den Linksverkehr gewöhnt hatten, so sitzt dies nun so fest in uns, dass wir Speisekarte in Israel
Die Qual der Wahl
zunächst auf der falschen Seite radeln, zum Missfallen der Ordnungshüter. Sie lachen aber, als wir ihnen erzählen, woran das liegt, weisen uns aber auch den üblicherweise in Israel geltenden Rechtsverkehr hin. Die ersten Kilometer sind etwas langweilig, fast 20 Kilometer geht es durch etwas, das wie Vororte Tel Avivs erscheint, viel Verkehr, viel Industrie.
Dann biegen wir auf die 44 Richtung Bet Shemesh ab, es wird ein wenig ruhiger und die Landschaft mit viel Wald etwas besser. Die Straßen in Israel werden sich als sehr gut herausstellen, meisten mit breitem Seitenstreifen und rollwiderstandsarmen Belag. Doch plötzlich: Ein Wagen hupt uns an, überholt und ein Mann springt heraus und schreit uns an. Was haben wir falsch gemacht, wir fahren rechts, auf dem Seitenstreifen. Es stellt sich heraus, dass der Mann ein begeisterter Radsportler ist und es einfach nicht fassen kann, dass Ausländer nach Israel kommen, schwer bepackt, um das Land zu bereisen. Mindestens eine dreiviertel Stunde redet er – bei laufendem Motor, sein Beifahrer schläft zwischendurch ein – auf uns ein, erzählt uns über die Entwicklung des Radsports in Israel, seine Erfolge bei der Teilnahme am Israel Trail (von der äußersten Nordspitze Israels bis Elat), gibt uns gute Tipps für die beste Route nach Jerusalem, weist uns auf Übernachtungsmöglichkeiten hin und ist schließlich so erschöpft ob seiner Begeisterung, dass der Beifahrer das Steuer übernehmen muss. Ein netter Mensch, und so enthusiastisch, herrlich.

✦✦✦

Die letzten Kilometer nach Bet Shemesh geht es irgendwie bergab und wir machen uns auf die Suche nach einer Schlafgelegenheit. Die Auskünfte der Einheimischen sind allerdings ernüchternd, es gibt kein Hotel in Bet Shemesh. Wir treffen jedoch am örtlichen Supermarkt einen Israeli, der von einem Kibbuz in der Nähe weiß, wir sind beide so geschafft, das Camping nicht mehr infrage kommt und wir uns auf den Weg zum Kibbuz Tsor’a machen. Übrigens: Camping erfreut sich in Israel immer größerer Beliebtheit und es gibt ausgewiesene Campsites. Die meisten dieser Campingplätze verfügen jedoch nur über Schatten unter Bäumen (was schon eine Menge wert ist) und ein paar Bänken und Tischen (wenn überhaupt), darüber hinaus gibt es leider wenig bis nichts und um diese Jahreszeit will Frank auf eine abendliche Dusche nicht verzichten. Sabine hingegen weiß aus der Erfahrung ihrer Eltern, dass Kibbuze nicht die billigste Form der Übernachtung sind, was Frank angesichts des Grundgedankens des Kibbuz (Gemeinsamkeit und gegenseitigen Hilfe) nicht wahrhaben will. Da hat er sich aber geschnitten. Sabine kommt von der Rezeption mit der Information zurück, ein Zimmer käme 520 Schekel pro Nacht. Hm, das sind bei einer Tauschrate von 1:5, Himmelherrgott, mehr als 100 Euro, für ein Zimmer, für eine Nacht. (Apropos, Zimmer heißt auf Hebräisch auch Zimmer) Wir sacken in uns zusammen und rufen so andere Gäste auf den Plan, die uns sofort ihre Hilfe anbieten. Es ist eine jüdische Großfamilie, die sich hier im Kibbuz zum jährlichen Wiedersehen trifft und aus alle Herren Länder angereist kommt, eine Tochter aus Australien, zwei aus den USA, ein Sohn aus England und der Rest der Familie aus Israel. Dass wir im Kibbuz campen, ist ausgeschlossen, aus Sicherheitsgründen (?). Eine der Töchter telefoniert noch eine Zeitlang herum, allerdings ohne Ergebnis. Frank geht noch einmal zur Rezeption und es gelingt ihm, den Preis auf 320 Schekel herunterzudrücken. Man muss allerdings dazu sagen, dass die Rezeptionistin sehr mitfühlend mit Sabine ist, der man es immer deutlich ansieht, wenn sie erschöpft ist. Wir bekommen das Zimmer ohne Frühstück, mit einem Ausländernachlass (gibt es so etwas?) von 16 Prozent und anderen diversen Rabatten. Und wir sind uns einig, dass der Israel-Trip mächtig ins Geld gehen wird. Aber wir sind auch froh, gleich am ersten Tag so gut von den Israelis aufgenommen worden zu sein. Damit hatten wir nicht gerechnet. Unsere Erfahrungen haben uns nämlich gelehrt, je „entwickelter“ ein Land, umso reservierter sind die Menschen.

Bet Shemesh / Tzorah-Berge
Aufstieg von Bet Shemesh in die Tzorah-Berge
Schattensuche
Schattensuche
Ortsgrenze Jerusalem
Ortsgrenze Jerusalem
Blick über En Kerem
Blick über En Kerem

Bet Shemesh – Jerusalem

Die 3688 über Nes Harim Richtung Jerusalem ist eine beliebte Strecke unter israelischen Radrennfahrern, zum einen wegen des relativ spärlichen Autoverkehrs, zum anderen ist sie recht anspruchsvoll. Dies bekommen wir auch bald zu spüren. Schon kurz hinter Bet Shemesh erfolgt ein Anstieg über mehr als 6 Kilometer, zum Teil mit Steigungen über 10 Prozent. Wir sind jedoch keine Greenhörner mehr und müssen auf dem Weg nicht einmal absteigen und schieben, was uns den Respekt der uns entgegenkommenden oder uns überholenden Radfahrer einbringt. Am Kibbuz Nes Harim haben wir das Schwerste geschafft, glauben wir. Es geht ein paar Kilometer abwärts und die Landschaft in dieser Ecke Israels ist wirklich sehr schön. „Berge“ wohin man blickt, Kiefern- und Zedernwälder und die Luft ist angenehm gesättigt mit dem Duft der Bäume und Blumen der hiesigen Naturschutzparks. Aber es wird heiß und bald mischt sich unter dieses natürliche Parfüm der Gestank des schwitzenden Asphalts. Unsere Pausen häufen sich und werden auch immer länger. Gegen Mittag erreichen wir eine Kreuzung, an der es in jede Richtung nach Jerusalem geht und wir entscheiden uns für den Weg über En Kerem. Ein Fehler? Wer weiß, bekannt ist uns lediglich (auch seit neuestem erst), dass Jerusalem auf Hügeln liegt, es geht also weiter nach oben. En Kerem ist über Serpentinen zu erreichen und der Vorort Jerusalems ist eine Pilgerstätte und wartet mit historischer Bedeutsamkeit auf, immerhin soll hier Johannes der Täufer das Licht der Welt erblickt haben. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich auf den Parkplätzen und an den Straßenrändern die Reisebusse stapeln. Für uns ist der Arbeitstag immer noch nicht beendet und schimpfend und fluchend schrauben wir uns weiter auf kurvenreicher Strecke Richtung Himmel. An manchen Tagen, so haben wir festgestellt, lassen sich die letzten

✦✦✦

Endlich ist es geschafft, wir stehen am Berg Zion und haben einen guten Blick auf die Strecke, die hinter uns liegt. Rechter Hand befindet sich die Holocaust-Gedenkstätte und von dort ertönen grausige Schreie und wir machen, dass wir weiterkommen. Es geht lange bergab, am Parlament und der Universität vorbei und noch einmal bergauf. An einer Imbissbude machen wir halt und essen etwas, treffen dort einen Radladeninhaber, der uns ein paar nützliche Tipps bezüglich Jerusalems gibt, so sollen wir bei der Wahl der Unterkunft darauf achten, die Fahrräder mit ins Zimmer zu bekommen oder an einen verschließbaren Ort, in Jerusalem würden Fahrräder schnell ihren Besitzer wechseln. Sein Hinweis auf die in der Nähe liegende Jugendherberge geht für uns ins Leere, 450 Schekel pro Nacht sind indiskutabel. Also in die Altstadt. Schon von weitem sehen wir den David-Turm und die weißen Mauern der Altstadt. Als wir dort einfahren, müssen wir nicht lange warten, bis wir angesprochen und zu einem Hostel geschleppt werden. 250 Schekel geht noch, aber kein Platz für die Räder. Die nächsten drei Hostels haben das gleiche Problem, Hotels sind unerschwinglich. Also ab in ein Internetcafé und die diversen Seiten aufgerufen, bringt aber alles nichts. Frustriert verlassen wir das Café und laufen in Issa hinein. Er fragt uns nach dem Woher und Wohin und redet viel von Freundlichkeit und Hilfe, wir sind zunächst eher skeptisch. Dann bietet er uns an, privat bei ihm zu wohnen und wir werden skeptischer. Aber wir gehen mit ihm, es ist nicht weit und die Dunkelheit bricht herein. Unterwegs redet Issa wie ein Buch, es wäre das Haus seiner Eltern, die regelmäßig an Fremde vermieteten und er und seine Familie seien Christen, obgleich Araber, und so weiter und so fort. Sabine schaut sich das Zimmer an und kommt mit dem für sie typischen Gesichtsausdruck zurück, ich weiß dann immer nicht genau: ist es gut oder wirklich so schrecklich? Na ja, das Zimmer ist schon irgendwie eigenartig, voll möbliert, bebüchert, überall hängen Kreuze, fehlen nur noch die Knoblauchzöpfe. Die Bettwäsche erscheint schmuddelig, aber vielleicht ist es auch nur das dämmerige Licht oder ein Schattenspiel. Die Herrin des Hauses ist noch nicht daheim und wir entscheiden uns noch nicht dafür oder dagegen. Als sie jedoch eintrudelt, beschließen wir zu bleiben, sie hinterlässt einen sehr guten Eindruck, ist herzlich und kümmert sich rührend um Sabine, die sehr geschafft dreinblickt. War aber auch anstrengend, mehr als tausend Höhenmeter und das bei weit über dreißig Grad. Die Wäsche ist übrigens sauber, alles ist ein wenig abgenutzt und abgewohnt, aber wir haben einen Platz zum Schlafen, einen Platz für die Räder und einen Zimmer- und Haustürschlüssel. Und nette Nachbarn, ein Ehepaar ceylonesischer Provenienz, die Frau arbeitet bei schweizerischen Botschaftsangehörigen und wenn sie nicht arbeitet, kocht oder telefoniert sie lauthals.

✦✦✦

Das Haus von Issa und seiner Familie wird in den nächsten drei Tagen ein bisschen wie Heimat, alle sind sehr nett und hilfsbereit, wir haben eine kleine Küche im Zimmer und Frank hat längere Gespräche über Moral und Ethik mit der Hausherrin (Moral und Ethik, gerade er!). Tja, ansonsten machen wir nicht viel in der heiligen Stadt, mal gehen wir zur Klagemauer, mal tingeln wir über den Markt der Altstadt, versuchen Campinggas zu kaufen, was nicht einfach wird. Zwar gibt es zwei, drei gute Outdoorläden in Jerusalem, aber sehr klein mit begrenztem Warenangebot. Von unserer Zeltmarke haben sie noch nie gehört, Ersatzteile können wir also vergessen. Und sonst? Die Tage gehen schnell vorbei und mit neuer Israel-Karte machen wir uns bald auf in den Süden des Landes. Von der ursprünglich vorgesehenen Route entlang des Toten Meeres haben wir Abstand genommen, viele Leute erzählten uns, es sei dort schon jetzt zu heiß und die Straße sei gemeinhin als Israels Rennstrecke bekannt. Also gut, dann via Westbank und Negev-Wüste!

Jerusalem – Be’er Sheva

So früh waren wir schon lange nicht mehr auf der Straße. In Erwartung einer Hitzeschlacht sitzen wir schon vor 6 Uhr früh im Sattel, der Verkehr ist noch mäßig und wir kommen gut voran. Nachdem wir die Vororte von Jerusalem hinter uns gelassen haben, erreichen wir bald die „Grenze“ zur Westbank. Ein kurzer Blick des schwer bewaffneten Soldaten in unsere Pässe, die obligatorische Frage nach unserem Vorhaben, und der Soldat winkt uns mit einem Lächeln durch. Wenig später eröffnet sich uns der Blick auf Bethlehem, der Überlieferung nach die Geburtsstadt Jesu. Wir überlegen lange hin und her, ob wir ein oder zwei Tage hier verbringen sollen, entscheiden uns dann aber gegen einen Aufenthalt, bis Ägypten ist es noch ein gutes Stück des Weges, es wird Sommer in Israel und wir haben noch die Negev-Wüste vor der Brust. Gerade als Deutsche haben wir ein komisches Gefühl, als wir an Bethlehem vorbeifahren, auf der linken Seite ist die fast zehn Meter hohe Mauer zu sehen, die Teile der Stadt von wasauchimmer abschneidet, rechter Hand befindet sich ein fast ebenso hoher „Maschedrahtzaun“ mit Spanischen Reitern als Sahnehäubchen obenauf. Überall sind Wachtürme zu sehen, auf den Straßen patrouillieren gepanzerte Land Rover, man fühlt sich an die unselige Zeit der Trennung Deutschlands erinnert. Selbst vor den Bushaltestellen in diesem Gebiet gibt es dicke Panzerplatten zum Schutz der Fahrgäste vor Anschlägen. Irgendwie ist das alles schon sehr gruselig und traurig.

Bethlehem und die West Bank-Mauer
Bethlehem und die West Bank-Mauer

Bethlehem liegt, wie Jerusalem, auf Hügeln und wir finden uns damit ab, dass es bald wieder auf und ab gehen wird. Da haben wir uns aber wieder einmal getäuscht! Highway 60 hält zwei besondere Pralinen bereit, nämlich in Gestalt von Tunneln. Der erste geht gerade so, vielleicht einen Kilometer lang und relativ gerade, sodass man das Licht am Ende des Tunnels erkennen kann. Der zweite Tunnel hingegen erscheint uns wie der Vorbote zur Hölle. Dämmriges gelbrotes Licht, kaum Lüftung, ein schmaler Seitenstreifen und viel LKW-Verkehr, die Luft ist zum Zerschneiden dick, angereichert mit Abgasen und bald brennen die Augen. Außerdem scheint der Tunnel endlos, es gibt einige Kurven und wir können nicht erkennen, wann diese Höllenfahrt ein Ende hat. Langsam stellen sich auch klaustrophobische Gefühle ein, die Wände scheinen zusammenzurücken, der Autolärm wird unerträglich, das Atmen fast unmöglich. Aber wie so oft: wenn man denkt, man könne bereits den Sensenmann erspähen, ist das Grauen plötzlich vorbei und wir stehen wieder an der frischen Luft und saugen die selbige tief in uns hinein. Nach diesem Erlebnis ist die Weiterfahrt ein Klacks, auch wenn es wieder ein paar mörderische Steigungen gibt. Kurz hinter Bethlehem kaufen wir an einem Supermarkt ein und Frank hat die Gelegenheit, sich mit zwei Angestellten zu unterhalten, der eine ist Israeli und Wachmann im Supermarkt, der andere arbeitet an der Kasse, packt die Waren in Plastiktüten und ist Palästinenser. Beide sind sich einig darüber, dass die Situation in den besetzten Gebieten unmöglich und unmenschlich ist und letztlich nur ein Versagen der Politik dokumentiert. So gäbe es im Westjordanland nicht nur ein Zusammenleben in friedlicher Koexistenz, vielmehr fände man echte Freundschaften zwischen Israelis und Palästinensern. Die politische Realität und die tatsächliche Realität seien in der Westbank diametral. Frank glaubt den beiden, es gibt kein Grund, warum sie ihn anlügen sollten. Als er sich jedoch wenig später allein mit dem Palästinenser unterhält, gesteht dieser, ganz so rosig sei es allerdings auch nicht, bereits beim Lohn, ein Israeli verdiene ein Vielfaches mehr, würde die Ungleichheit sichtbar und sei oft genug Konfliktstoff.

✦✦✦

Die nächste größere Ortschaft ist Hebron und da gerade Mittagszeit ist, verlassen wir den Highway und fahren ab in das Industriegebiet der Stadt. Hebron scheint Geld vornehmlich mit seinen Steinbrüchen zu verdienen, der Marmor Hebrons geht in alle (arabische) Herren Länder. Aber auch historisch ist Hebron sehr bedeutsam, ist es doch die letzte Ruhestätte Abrahams, Isaaks und Jakobs sowie der erste Ort, an dem Adam und Eva nach der Vertreibung aus dem Paradies sesshaft wurden. Na ja, das war schon eine harte Strafe, sieht man sich den Ort heute an. Aber wir fahren wahrscheinlich auch von der falschen Seite ein, Industriegebiete sind auf der ganzen Welt unansehnlich. Kartenstudium - Westbank
Kartenstudium im Schatten – Westbank
Die Menschen, die hier leben, sind tagsüber alle schneeweiß, Marmorstaub. Aber super freundlich und jeder zweite fragt, wie lang wir in Hebron und der Westbank bleiben und man sieht deutlich, dass sie sich sehr freuen und stolz sind, dass man ihre Stadt besucht. Wir schämen uns fast ihnen zu sagen, dass wir nur zum Mittagessen hier sind. Dies nehmen wir an einer Tankstelle ein, welche über ein kleines Restaurant verfügt, das Essen ist gut und billig…, und staubfrei. Wir verlassen Hebron bald wieder unter heftigem Winken auf beiden Seiten und sind wieder auf dem Highway 60. An der Kreuzung zur 356 Richtung Karmel gibt es wieder einen Checkpoint, wir bleiben aber auf der 60 und entwickeln dort unsere Strategie, die uns demnächst durch die Wüste bringen soll. Diese Strategie heißt: Suche dir in der Mittagshitze einen schattigen Platz und warte, bis die Temperaturen wieder erträglich sind. Kurz hinter El Fawar geht es dann endlich bergab und wir fahren durch eine Landschaft, die schon sehr wüstenähnlich ist. Es gibt viel Steine und Staub, nur hie und da eine Ansammlung von Bäumen, die dann auch gleich als Nationalpark ausgewiesen ist. Kurz hinter Shim’a, einer israelischen Siedlung im Westjordanland finden wir dann auch unseren Schatten in Gestalt einer Bushaltestelle, wir verweilen hier bis zum späten Nachmittag, spielen Karten, Sabine gelingt sogar ein Nickerchen auf der Betonbank und Frank macht sich seine Gedanken über diese jüdischen Siedlungen und die Siedlungspolitik der Israelis. Ganz abgesehen davon, ob das sinnig oder unsinnig ist, wer möchte eigentlich in einer Siedlung wohnen, die durch Stacheldraht und sonstige Maßnahmen gesichert ist und das auch noch in einem Land, das durch Stacheldraht und sonstige Maßnahmen… Das ist für das westeuropäische Gehirn wohl dann doch zu viel und ähnelt der Frage, was hinter unserem Universum ist.

✦✦✦

Sabine wacht wieder auf und wir fahren weiter und es dauert nicht lang, bis wir an die Grenze Westbank/Israel kommen. Hier geht es nicht ganz so einfach zu, wie bei der Einfahrt. Der Fragen sind es weit mehr, insbesondere, warum wir durch dieses Gebiet gefahren sind. Unsere Fahrräder werden mit irgendwelchen Sonden durchleuchtet und das Gepäck geröntgt, nichtsdestoweniger müssen wir es fast völlig auspacken, einige unserer Gegenstände sind auf dem Röntgenbild nicht zu identifizieren, z.B. unsere Ersatz-Fahrradketten, wie lustig. Die „Grenzer“ sind freundlich aber sachlich und nach einer halben Stunde der Examination sind wir auf der Straße nach Be’er Sheva, der „Hauptstadt der Wüste Negev“.
Wer hier nicht unbedingt etwas zu tun hat, wird auch nicht viel verpassen, wenn er einen Bogen um diese Stadt macht. Zwar gibt es einige Sehenswürdigkeiten, ansonsten ist die Stadt eher nüchtern, geradezu kühl und die Einwohner recht zurückhaltend. Liegt es daran, dass die Stadt in der Vergangenheit Ziel von Raketen aus dem Gaza-Streifen war? Später sollen wir auch erfahren, dass dies wohl für die meisten Israelis gilt, denen quasi mit der Muttermilch Misstrauen gegenüber Fremden eingetrichtert wird, die aber, sobald man nicht mehr fremd ist, sehr warmherzig sind. Eine Theorie. In jedem Fall tun wir uns etwas schwer, eine Unterkunft zu finden und das Billigste an diesem Abend ist die Jugendherberge für 400 Schekel (entspricht etwa 80 Euro). Ja, die Jugend in Israel, muss die Taschen voller Geld haben. Nach fast hundert Kilometern im Sattel ist uns aber alles egal, wer weiß, wie lange unser Geld überhaupt noch etwas wert ist und zudem geht es morgen in die Wüste und wir wollen ausgeruht sein.

✦✦✦

Be’er Sheva – Mitzpe Ramon

Da das Zimmer mit Frühstück einherkommt, wollen wir dieses auch wahrnehmen, allerdings gibt es Essen erst ab sieben Uhr. Später müssen wir noch Geld abholen, Wasser einkaufen und wir verfahren uns in Be’er Sheva, sodass wir erst gegen halb neun auf der Straße Richtung Negev sind, eindeutig zu spät für die Wüste, schon jetzt ist es ziemlich heiß. An einer Tankstelle in der Stadt fragen wir nach dem Weg zum Highway 40, der Tankwart fragt, wohin wir wollten. Nach Elat, ist unsere Antwort. Der Mann stutzt, denkt lange nach und zeigt anschließend auf unsere Räder. „Damit?“, fragt er. Wir bejahen. Hm, das könne aber heiß werden. Und es sei ein langer Weg, ob wir uns das gut überlegt hätten. Wir bejahen (insgeheim sind wir uns allerdings nicht so sicher. Zwar haben wir schon Wüstenerfahrungen, diese beschränken sich aber auf Fahrten mit Automobilen) und erhalten die gewünschte Auskunft.
Die ersten Kilometer in der Wüste sind nicht nur der Temperaturen wegen wenig erfreulich, die Straße wird erneuert, eine Fahrspur ist gesperrt, ein Seitenstreifen existiert nicht und die Israelis sind nicht die besten Autofahrer. Zu Beginn der Wüste trifft man noch des Öfteren auf oasenartige Baumgruppen und wir suchen dort oft Schutz vor der sengenden Sonne. Aber nicht nur wir, meistens treffen wir dort auf Millionen von Fliegen, die das Ausruhen erschweren und verleiden. Was machen Fliegen eigentlich in der Wüste? Na ja, fliegen, wahrscheinlich, aber seltsam ist das schon. Es findet sich kaum etwas Fressbares, Wasser ist knapp, es gibt sicher auch für Fliegen bessere Orte als diese unwirtliche Öde. Sind es Verbannte? Haben sie sich verflogen? Wir beschließen dies näher zu ergründen, wenn wir lebend wieder aus der Negev herauskommen.

Aufbruch in die Negev-Wüste
Aufbruch in die Negev-Wüste

Nur 28 Kilometer hinter Be’er Sheva treffen wir dann auf eine erste echte Oase, Mash’abei Sade, unter anderem gibt es hier einen Kibbuz, den Sitz der örtlichen Verwaltung und eine Tankstelle mit angeschlossener Touristeninformation, die aber schon längere Zeit geschlossen zu sein scheint. Dafür hängt eine vortreffliche und hilfreiche Karte von der Negev in einem Schaukasten. Wir schlagen diesen um der Karte willen natürlich nicht ein, aber wir können von der Karte lernen, dass es in der Nähe Farmen gibt, die auch Übernachtungsmöglichkeiten anbieten. Farmen? In der Wüste? Die Karte wird schon nicht lügen. Nachdem wir ein koffeinhaltiges Erfrischungsgetränk in uns hineingeschüttet haben, machen wir uns wieder auf den Weg, kommen aber nicht sehr weit, mittlerweile ist es Mittag und es wird sehr heiß, Zeit für unsere neue Strategie. Wir schaffen es noch bis an die Kreuzung nach Tlalim. Kreuzung in Israel heißt in der Regel auch Mesusa-Schriftkapsel
Mesusa – religiöse Schriftkapsel
Bushaltestelle, diese verspricht wiederum Sitzgelegenheit und gespendeten Schatten. Wir sitzen also wieder für Stunden an der Haltestelle, vor uns Tlalim, hinter uns eine Kaserne und in nicht allzu weiter Ferne hören wir das Knattern von Maschinengewehren und Frank meint auch Geschützfeuer zu vernehmen. Auch sehr seltsam, derartige Geräusche kennt man eigentlich nur aus dem Fernsehen (oder vom eigenen Militärdienst). Nach drei Stunden wird uns langweilig und wir pfeifen auf die Sonne und versuchen uns zur nächsten Farm durchzuschlagen und den Rad-Tag vorzeitig zu beenden. Nach nur drei Kilometern sehen wir ein Schild, welches auf die Matnat HaMidbar-Farm verweist, wir biegen von der Straße ab und werden am Gatter bereits vom Farmer empfangen. Er führt uns gleich zum Gästehaus und erklärt uns den Gebrauch desselben, will 100 Schekel pro Person pro Nacht und teilt uns mit, wir könnten auch einfach nur ausruhen, falls wir heute noch weiterwollten. Wollen wir aber nicht, wir bleiben. Und haben Glück, das wir den Farmer trafen, denn später stellt sich heraus, dass uns des Farmers Frau gleich das Doppelte abgeknöpft hätte. So viele Schekel für einen Platz in einem Schlafsaal, man liegt auf dem Boden auf einer schweißgetränkten Matratze, teilt sich den Raum außer mit anderen Leuten auch mit den ortsüblichen Insekten und sonstigem Gefleuch. Allerdings müssen wir zugestehen, dass es Strom und Wasser gibt und das ist ja schon Luxus, in einer Wüste.

✦✦✦

Wir teilen den Schlafsaal jedoch nur mit den Insekten, andere Gäste gibt es nicht. Die Farm wird von einem idealistischen Ehepaar mit zwei Kindern geführt, ehemals Städter, die ihre Liebe zur Wüste entdeckten und sich nun große Mühe geben, ihr etwas abzuringen, in der Hauptsache Lavendel und Gemüse. Andere Farmen in der Gegend versuchen sich außerdem in Tierhaltung, in der Hauptsache Ziegen und/oder Schafe. Man kann diese Leute bewundern oder sich an die Stirn fassen, dass sie in einer derart lebensfeindlichen Umgebung ihr Dasein fristen. In jedem Fall muss man die Wüste lieben, um so zu leben. Staub, Sand, Steine und Fliegen. Wir machen das Beste daraus, kochen uns ein leckeres Abendessen, duschen Staub und Schweiß vom Körper und huschen früh in unsere Schlafsäcke, da wir am nächsten Morgen noch früher in die Sättel steigen wollen.
Die Sonne geht über der Wüste auf und taucht sie in ein zartes Rosa. Die Luft ist noch „crisp“ und wir radeln, ein Liedchen auf den Lippen, fröhlich dahin. Noch sind nicht viele Autos unterwegs und wir lauschen den Geräuschen der erwachenden Wüste, erfreuen uns am Surren unserer grobstolligen Reifen auf dem Asphalt und zählen die Gewehrschüsse, die von beiden Seiten der Straße mahnend ihren Weg in unser Gehör finden. Bald passieren wir den Kibbuz Sde Boker und die letzte Ruhestätte David Ben Gurions. Wenig später eröffnet sich der Blick auf das Ha Tsinim Cliff und das Wadi Havarim. Wüste aus dem Bilderbuch. Außer für ein Foto stoppen wir allerdings nicht, die Zeit sitzt uns im Nacken, wir wissen nicht, wie weit es noch bis Mitzpe Ramon ist und wer weiß, ob sich unterwegs eine Gelegenheit zum Ausruhen ergibt. Wenig später erreichen wir Avdat, eine Nabatäerstadt aus dem 3. Jahrhundert vor Christus mit einem römischen Bad. Alles was uns hier aber interessiert, ist eine berühmte amerikanische Fast-Food-Kette, das Restaurant ist leider noch geschlossen. In der Negev-Wüste
In der Negev-Wüste
Direkt nebenan gibt es ein israelisches Pendant, die verlangen aber drei Shekel, wenn man auf ihrer Terrasse sitzen möchte, selbst wenn man das bei ihnen gekaufte Frühstück verzehren will. Sachen gibt’s! Da setzten wir uns lieber in den Staub und sparen die Shekel. Kommen dann aber kaum aus dem Staub hoch, beiden haben wir leichte Kreislaufprobleme und uns schwant Fürchterliches für den Rest der Etappe bis Mitzpe. Gegen zehn Uhr steigt die Temperatur auf weit über 30 Grad, wir entledigen uns so vieler Kleidungsstücke wie möglich, ohne uns der Sonne zum Fraß vorzuwerfen oder ein öffentliches Ärgernis zu erregen. Es ist unmöglich geworden, mit dem Helm zu fahren, nach nur wenigen Minuten hämmert das Blut im Kopf und wir nutzen jetzt jeden Schatten, der sich bietet. Oft stehen wir aufrecht und dicht gedrängt an einer Felswand und nutzen den spärlichen Sonnenschutz. Wie wir letztlich nach Mitzpe gekommen sind, keine Ahnung. Etwa 10 Kilometer fahren wir noch auf dem Nafkha Plateau, nur ein paar kleinere Steigungen stellen sich uns in den Weg. Dann folgt aber die Nafkha Ridge und wir haben uns noch einmal auf über 800 Höhenmeter hinaufzuquälen. Wir schwitzen schon gar nicht mehr richtig, sind uns aber nicht sicher, ob es an der trockenen Hitze liegt oder ob wir schon dehydriert sind. Auf dem Weg zum Höhepunkt kommen wir an einem israelischen Knast (!) vorbei, wer hier wohl einsitzt und arbeiten muss. Gegen Mittag wird die Hitze unerträglich, es gibt keine Schatten spendenden Felswände mehr und wir versuchen, uns hinter ein Verkehrsschild zu stellen, sodass wenigstens die Köpfe eine Zeitlang aus der Sonne sind. Immer wieder motivieren wir den anderen, es sei nicht mehr weit, da hinten wird wohl der Flughafen sein, der auf der Karte, nur noch ein paar Kilometer usw. Wir sind schon ziemlich am Ende, als uns die Zivilisation wieder einholt, zuerst in Gestalt einer weiteren Farm, dann stehen wir wirklich an der Kreuzung zum Militärflughafen und in Israel gibt es schließlich an jeder Kreuzung eine Bushaltestelle. Eine letzte Pause vor Mitzpe Ramon und wir unterhalten uns mit den dort wartenden Soldaten, die sich über ihr ödes Dasein in diesem gottverlassenen Flecken Erde auslassen.

✦✦✦

In Mitzpe Ramon lernen wir alsbald die Inhaber des iBike-Hotels kennen, die Fahrradtouren durch die Wüste organisieren und uns bei der Suche nach einer erschwinglichen Unterkunft helfen. Das Hotel selbst ist zu teuer, wie eigentlich alles in Israel und haben wir bisher gedacht, alle Israeli sind reich, so sehen wir uns neuerdings eines Besseren belehrt, wenn wir in den Nachrichten lesen, dass es immer mehr Proteste gegen die Preispolitik der Regierung in Tel Aviv gibt. Wir kommen im Amado unter, eigentlich eine Tanzschule (!), die in den kursfreien Sommerwochen Schlafgelegenheiten anbietet. Der Schlafsaal verdient seinen Namen zu Recht, handelt es sich doch um eine riesige Halle, auf deren Boden man auf schweißgetränkten Matratzen…, Déjà-vu.
Noch am späten Nachmittag machen wir uns zur Hauptattraktion Mitzpe Ramons auf, dem Ramon Krater, dem größten Erosionskrater der Negev-Wüste. Diese Krater, von denen es in der Negev noch vier weitere gibt, sind auf der Welt einzigartig, entstanden sind sie, wie schon der Name bedeutet, durch die Abtragung weicheren Sandgesteins. Mitzpe Ramon selbst liegt direkt am Rand dieses Kraters und es kann tatsächlich geschehen, so man nicht Acht gibt, dass man die steile Abbruchkante in den Krater hineinfällt. Dieser hat übrigens an der breitesten Stelle eine Ausdehnung von 40 Kilometern (!). Am frühen Abend füllt die untergehende Sonne mit ihrem roten Licht den Graben und wir sitzen lange an Sabine am Ramon-Krater
Sabine am Ramon-Krater
seinem Rand und genießen dieses wunderbare Naturschauspiel und sind ein wenig stolz auf uns. Haben sogar ein wenig Glück und sehen noch eine Gruppe heimischer nubischer Steinböcke, die allerdings ein wenig kamerascheu sind. Zurück im Zentrum des Ortes finden wir ein kleines Restaurant und treffen dort auf den Herausgeber des Ofanaim Magazines, der einzigen Fahrradzeitschrift Israels, der gerade mit dem Fahrrad einen Wüstentrip absolviert und uns weitere wertvolle Tipps zur Durchquerung der Negev gibt. Wir bekommen auch ein wenig Lob ab, seien wir doch schon weit gekommen, allerdings sieht er auch ein Problem angesichts der Jahreszeit und der damit einhergehenden Temperaturen. Wir verabschieden uns bald, wollen wir doch wieder früh auf die Matratze, Frank vergisst noch seinen Helm im Restaurant, der ihm mal wieder nachgetragen werden muss und bald stehen wir wieder vor der Tanzschule, allerdings vor verschlossenen Türen! Zwar haben wir einen Schlüssel, dieser öffnet jedoch nicht die Tore zum Schlafsaal und wir holen halb Mitzpe aus den Betten, bis wir jemanden auftun, der einen Verantwortlichen vom Amado findet. Dieser erklärt uns dann, dass der Schlüssel in die andere Richtung zu drehen sei und demonstriert das auch gleich und erfolgreich. Ist das peinlich! In der Nacht müssen wir noch einmal heraus, nicht aufs Klo, sondern um die Türen diesmal von innen zu öffnen. Frank hatte den Schlafsaal abgesperrt, gegen Mitternacht kam jedoch ein weiterer Gast und wummerte wie von Sinnen gegen die Metalltüren. Wir schaffen es aber trotzdem, dass wir nächsten Tages wieder gegen halb sechs auf dem Fahrrad sitzen, heute sollte es unsere vorletzte Etappe in der Negev sein.

Highway 40 bei Mitzpe Ramon
Highway 40 bei Mitzpe Ramon

Negev-Impressionen


Mitzpe Ramon – Elat

Wir sind aufgeregt, vor uns liegen mindestens 70 Kilometer durch die Wüste zur nächsten Oase. Allerdings glauben wir das zu schaffen, gehen wir doch davon aus, dass es von nun an mehr oder weniger bergab geht. Das trifft zunächst sogar zu, in Serpentinen schrauben wir uns von Mitzpe Ramon in den Krater hinein. Um diese Tageszeit wartet die Natur mit einem besonderen Schauspiel auf. Ein Wolkenteppich drängt von der Hochebene über die Kante des Kraters und fällt sanft in diesen hinein, es erinnert ein wenig an das „Tischtuch“ am Tafelberg in Kapstadt. Wir bleiben trotz verlockender Abfahrt alle hundert Meter stehen und schießen ein Foto. Der Kraterboden ist relativ flach und wir haben ihn schnell durchquert, die Aussicht nach links und rechts ist atemberaubend. Auf der anderen Seite des Kraters geht es wieder aufwärts, aber nicht so steil wie am Kliff Mitzpe Ramons. Die nun folgende Stecke auf dem Khadav-Plateau ist sehr kurvenreich und landschaftlich ebenfalls sehr reizvoll und es gibt zahlreiche Sehenswürdigkeiten und Nationalparks in dieser Gegend. Überall erheben sich Berge aus dem sandigen Boden, der Har Katum erinnert sehr an den Kapstädter Tafelberg und gehört wahrscheinlich ebenfalls in die Kategorie der Tafelberge. Am Ende des Khadav-Plateaus hat man eine schöne Aussicht auf den weiteren Verlauf der Straße, nach einer rasenden Abfahrt befinden wir uns nunmehr im Ha’meishar, einer riesigen, von Bergen umgebenen Ebene, die von der israelischen Armee als Übungsplatz gebraucht wird. Die Straße, die die Ebene in zwei Hälften teilt, ist schnurgerade und einige Kilometer lang und wir haben das Gefühl, als kämen wir überhaupt nicht vorwärts.

✦✦✦

Mittlerweile nähern sich die Temperaturen der 40 Grad-Grenze. Nach Franks Berechnungen sind es vielleicht noch 15 Kilometer bis zur Kreuzung der Highways 40 und 13, dort – Kreuzung – vermuten wir eine Bushaltestelle und einen schattigen Platz. Warum gerade an einem Ort im Nirgendwo eine Bushaltestelle sein soll, ist Franks Geheimnis. Es kommt noch dicker, er rechnet sogar mit einer Tankstelle, da sich zwei Straßen aus dem Nordosten und Nordwesten treffen und die Autos vor ihrer Weiterfahrt in den Norden oder Süden des Benzins bedürfen. Hm, er verträgt die Sonne wohl nicht. Wie dem auch sei, einige Kilometer vor dem Kreuzpunkt gibt es noch zwei landschaftliche Highlights, das Khadav Cliff und der Ada Canyon, so schön diese beiden geologischen Formationen auch sind, einen Canyon haben wir noch zu durchqueren und der Anstieg auf der anderen Seite ist nicht nur der fortgeschrittenen Tageszeit wegen äußerst anstrengend. Die Sonne steht mittlerweile an ihrem höchsten Punkt und wirft keine Schatten mehr. Aber es geht immer weiter aufwärts und Sabines Gesicht nimmt mehr und mehr die Farbe einer Himbeere an. Es wird Zeit, dass wir eine Pause machen. Noch einmal gibt es eine Abfahrt, wir kommen an einem Umspannwerk vorbei, auch hier kein Schatten. Das Ovil Cliff und die Menukha Ridge werden durch ein Wadi getrennt, in dem sogar einige Bäume stehen, aber wir haben beide nur noch die Tankstelle im Kopf und wir malen sie uns aus mit einem Supermarkt, eisgekühlten Getränken, Klimaanlage und Sitzgelegenheiten unter Schatten spendenden Dattelpalmen…

✦✦✦

Endlich erreichen wir nach etwa 65 gefahrenen Kilometern die Kreuzung, es ist Viertel nach zwölf, die Luft flimmert und unsere Erwartungen werden nicht erfüllt, es gibt keine Tankstelle, nicht einmal als Sinnestäuschung. Aber, oh Wunder, drei Bushaltestellen, eine aus Beton, zwei aus Metall. Bisher hatten wir gute Erfahrungen mit den Betonhaltestellen sammeln können, geben sie doch den meisten Schatten, im Inneren ist es oft recht „kühl“ und sie sind nicht so windanfällig. Die metallenen Stopps hingegen bestehen aus siebähnlich gelöcherten Blechen,Mittagstemperatur in der Negev
Mittagstemperatur
die ohne Abschluss aneinandergefügt sind, sodass der Wind ungehindert hindurchfegen kann, allerdings ist das Schattenangebot auch nicht sehr groß, je nachdem wie die Sonne steht, können es weniger als 2 Quadratmeter sein. Natürlich fahren wir sofort Richtung Beton, müssen aber gleich wieder umkehren. Die Haltestelle wird wegen ihrer Blickdichtigkeit von den Insassen vorbeifahrender Autos als Toilette benutzt, es stinkt bestialisch und der Anblick des Inneren ist alles andere als einladend. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als unter den Metallkäfigen Schutz vor der erbarmungslosen Sonne zu suchen und dort einige Stunden zu warten, bis die Temperaturen eine Weiterfahrt erlauben.
Hier unterliegen wir allerdings einem Irrtum, der – so Frank – uns das Leben hätte kosten können. Im Nachhinein streiten wir uns darüber, was wir falsch gemacht haben bzw. hätten besser machen können. Ein Fehler war es sicherlich, zu warten. Es wird in der Wüste nicht kälter, vielleicht in der Nacht, wenn überhaupt. Zu glauben, die Temperaturen würden bis fünf oder sechs Uhr nachmittags erheblich fallen, war wohl eher kindisch. Nach einer kurzen Pause hätten wir weiterfahren sollen, es waren noch etwa 12 Kilometer bis zum nächsten Kibbuz, andererseits: 12 Kilometer in der Affenhitze ist auch kein Pappenstiel! Am Ende kommen wir zu dem Ergebnis, zu dem wir vielleicht am Anfang hätten kommen sollen: Keine Wüstendurchquerung mit dem Rad im Hochsommer! Hinterher ist man natürlich immer klüger und dieser Tag war für uns eine echte Lehrstunde.
Die erste Stunde in der Metallbox ist sogar noch erträglich, wir trinken in regelmäßigen Abständen Wasser, schauen Fotos an, um uns abzulenken. Es dauert dann aber nicht lang, bis sich herumspricht, dass wir dort sitzen und alle Fliegen der Wüste schwirren herbei, um sich an unserem Anblick zu weiden und uns den Rest unserer Nerven zu rauben. Wir sollten ruhig sitzen bleiben, schlägt Sabine vor, und unsere Kräfte sparen. Wer aber kann ruhig bleiben, wenn er auf seinen nackten Beinen mehr als 100 Fliegen krabbeln hat. Frank versucht durch konvulsivisches Zucken und wildes Hin- und Zwangspause in der Negev
Zwangspause in der Negev
Herwedeln des Sitzkissens der Plage Herr zu werden, man kann es den Fliegen aber förmlich im Gesicht ansehen, was sie davon halten. Wedele du nur, scheinen sie gelangweilt zu denken, am Ende kriegen wir euch schon. Die Sonne wandert weiter, in unserem Unterschlupf ist fast kein Schatten mehr und wir wechseln in die Hütte auf der anderen Straßenseite. Zwei Stunden sitzen wir schon hier, Wasser ist noch vorhanden, jedoch setzt nun ein scharfer Wind ein, der aus den 45 Grad Celsius gefühlte 500 Grad macht. Frank behauptet, dass seine Jobs in der Gießerei während der Semesterferien lange nicht so schrecklich waren, wie dieses Inferno. Ab und an fährt ein Auto vorbei, allerdings ist der Israeli, wie bereits erwähnt, nicht von dem Schlage, dass er von sich aus anhält und Hilfe anbietet (wir Deutsche übrigens auch nicht). Wir glauben zudem immer noch, dass es am frühen Abend kühler werden wird. Keiner von uns denkt aber daran, dass es sich hier nicht um eine erfrischende Pause handelt, vielmehr wird der Körper in den Stunden, die wir hier warten, auf das Äußerste strapaziert. Drei Stunden sind vergangen und beide merken wir, dass das Gehirn langsam einschrumpelt wie eine Dörrpflaume. Wir kramen unsere Spiele heraus und versuchen uns abzulenken. Nach Ablauf der vierten Stunde sind wir sicher, wenn wir noch länger hier ausharren, sind wir tot. Beide haben wir bereits leichte Schwindelgefühle, die Haut ist gerötet und wir schwitzen nicht mehr. Das riecht verdammt nach Erschöpfung durch Hitze, vielleicht sogar Hitzschlag in Vorbereitung.

✦✦✦

Wir beschließen, alles zusammenzupacken und uns vor das nächste Auto zu werfen, falls sein Fahrer auf unser Winken nicht reagiert. Und wir haben Glück. Es ist kein Engel, der uns im Wahn erscheint, vielmehr handelt es sich um Juan, den Dattelpalmplantagenmanager des Kibbuz Grofit, ca. 20 Kilometer südlich von unserer jetzigen Position. Er hält sofort an, als wir auf die Straße schwanken. Wir erklären ihm, dass wir nicht mehr weiterfahren können und er willigt sofort ein, uns mitzunehmen. In Windeseile werden die Räder und das Gepäck auf dem Pickup verstaut, der mit Haushaltsgeräten für den Kibbuz schon fast voll ist. Während der Fahrt bietet er uns an, dass wir uns in Grofit erholen sollten, obschon wir ursprünglich nur bis in das 12 Kilometer entfernte Shitim mitgenommen werden wollten. Grofit sei zwar kein Kibbuz, das über Gästeunterkünfte verfüge, es werde sich aber schon etwas finden. Er tätigt auch sofort ein paar Anrufe und wir werden das Zimmer eines Freiwilligen bekommen, der heute in seine Heimat zurückkehren würde. Juan ist eigentlich Kolumbianer, na ja, gebürtig jedenfalls. Vor fast 30 Jahren nahm er aber die israelische Staatsbürgerschaft an, aus Liebe zum Land und zu seiner Frau (ein Fotomodel aus Tel Aviv!), leistete abgespeckten Militärdienst, arbeitete dann als Gärtner im Norden des Landes und kam später nach Grofit, wo er sich hocharbeitete und heute die Produktion ausgesuchter Datteln leitet. Er erzählt uns auch, dass er uns bereits Tage vorher in der Wüste gesehen hatte, als er selbst auf dem Weg nach Tel Aviv gewesen sei. Wir hören nur halb hin (später muss er uns alles zu seiner Person noch einmal erzählen), da wir intensiv mit unserem Körper und seiner Regeneration beschäftigt sind. Frank kriecht fast in die Klimaanlage des Autos hinein, Sabine übergibt sich geräuschvoll aus dem hinteren Wagenfenster. Uns beiden geht es richtig schlecht. Später gelangen wir zu der Überzeugung, dass es doch ziemlich knapp war und wenn wir nicht ein Auto angehalten hätten, unsere Reise bald ein finales Ende gefunden hätte.

✦✦✦

Mit dem Auto sind es nur 25 Minuten bis nach Grofit und wir werden immer dankbarer angesichts der hügeligen Strecke. Das hätten wir wahrscheinlich nie geschafft. Im Kibbuz bekommen wir ein Zimmer zugewiesen, wir duschen, umklammern die Klimaanlage und schlafen unruhig ein. Gegen Abend holt uns Juan zum Essen ab, der Kibbuz bietet viele gesunde Sachen in seinem Speisesaal an und wir werden heute nicht alt und verabschieden uns bald von unserem Gastgeber. Auch am nächsten Tag lecken wir nur unsere Wunden, unterbrochen wird dies nur von gelegentlichen Gängen zum Supermarkt, wo wir uns mit Eis, Obst und Wasser eindecken. Gegen Nachmittag, die Temperaturen liegen immer noch knapp unterhalb des Siedepunktes, drehen wir ein paar Runden im besten und saubersten Swimmingpool, den wir in drei Monaten zu nutzen die Gelegenheit hatten. Juan hat heute viel zu tun, er lädt uns für den nächsten Tag zu einer Besichtigungstour durch den Kibbuz ein. Den Abend beschließen wir in der Kibbuz-Bar bei einem Bier. Das Leben hat uns wieder, wir können sogar schon wieder Pläne schmieden und wir wissen, die letzten Kilometer nach Elat werden kein physisches, sondern ein psychisches Problem. Grofit ist ein wenig ein Muster-Kibbuz. Erbaut auf einem Hügel, der ursprünglich ein Militärbeobachtungsposten war, entwickelte sich er sich zu einem wichtigen Lieferanten hochwertiger Datteln. Mittlerweile exportiert er nicht nur die Früchte, sondern auch das Wissen um die Produktion, besonders der Wissenstransfer ins benachbarte Jordanien hat Hochkonjunktur. Dank Juans Kontakten zur kolumbianischen politischen Nomenklatur erfolgt zudem ein reger Austausch mit südamerikanischen Agrarexperten. Wir bekommen die Gelegenheit, die Plantagen genau zu inspizieren, dürfen gar mit der Pflückhebebühne ein paar Mal auf und ab fahren und uns mit den thailändischen Leiharbeitern unterhalten. Diese werden angeheuert, da sich herausgestellt hat, dass sie die besten Dattelpflücker sind.
Und es gibt noch eine Besonderheit in Grofit: ein Pferdestall. An für sich nichts Spezielles, wäre es nicht einer der wenigen Pferdeställe in Israel, in denen Reittherapien für autistische Kinder und Kinder mit anderen Behinderungen angeboten werden. Die Führung durch Grofit und Juans Erläuterungen sind wirklich sehr interessant und informativ und gewähren uns einen Einblick in das Leben eines Kibbuz. Allerdings können wir auch feststellen, dass noch großer Bedarf in Bezug auf das Wissen um effiziente Energienutzung oder Umweltschutz besteht. Was hier z.B. an Wasser und Strom verschwendet wird, und das in der Wüste…

✦✦✦

Es waren drei nette Tage in Grofit, und dass wir keinen Pfennig für die Übernachtung ausgeben mussten, ist nur ein willkommener Nebeneffekt. Wir haben viel gelernt. Eingehüllt in unsere Signalwesten machen wir uns am nächsten Tag kurz vor Tagesanbruch auf den Weg. Die 55 Kilometer nach Elat verlaufen ereignislos, die Straße ist flach wie ein Pfannkuchen, wir haben Rückenwind und brauchen auch nicht oft anzuhalten, die Landschaft ändert sich kaum und lädt nicht zum Verweilen und fotografieren ein. Außerdem sitzt uns der Schreck der vergangenen Tage noch schwer in den Knochen und dieser Tag steht unter dem Motto „Bloß weg hier!“. Lediglich am Eingang zum Timna Nationalpark legen wir eine kurze Pause ein. Hier befinden oder befanden sich die Kupferminen der ägyptischen Pharaonen und einige interessante geologische Formationen. Dann aber schnell wieder aufs Rad und in wenig mehr als drei Stunden rollen wir in Elat ein. Unser Abenteuer nähert sich nun bald seinem Ende, wir beide sind nicht sehr zuversichtlich, ob wir – angeschlagen wie wir sind – den Weg durch den Sinai bis nach Alexandria per Rad schaffen. Aber erst einmal ein paar Tage Erholung in Elat, Strand, Meer, gutes Essen…
Da haben wir aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht. In Israel haben die Ferien angefangen und die Hotelpreise steigen wie Silvesterraketen in den Himmel. Letztlich finden wir eine Unterkunft in der Field School Elat, einer Art Landschulheim für ökologisch Bewusste. Das Zimmer verfügt über 4 Etagenbetten, einen Wasserkocher und sonst nix. Allerdings ist es ganz gut gelegen, auf der anderen Straßenseite ist das Elat Coral Reserve, ein mariner Nationalpark mit (noch oder schon wieder) schönen Korallenbänken und großem Fischangebot. Was die Erholung jedoch ausbleiben lässt, sind die verheerenden Temperaturen, an einem Tag messen wir über 46 Grad Celsius im Schatten! Dazu weht ein sehr heißer Wind, der den Körper gleichmäßig und großflächig austrocknet. Wir bleiben daher die meiste Zeit vor der Klimaanlage in unserem Zimmer oder bis zur Nasenspitze im Wasser. Erst gegen Abend trauen wir uns wieder auf die Straße.

✦✦✦

Jetzt gilt es nur noch, das Visum für Ägypten zu besorgen. Als wir das Konsulat erreichen, schmelzen wir fast, das Konsulat muss natürlich am höchsten Punkt Elats sein. Frank tropft beim Ausfüllen der Formulare ständig der Schweiß auf das Papier und er muss zweimal neue einfordern. Irgendwann sind die Anträge ausgefüllt, Sabine unterschreibt und händigt beide Gesuche nebst Passfotos und Gebühr dem Beamten aus. Zwei Minuten, bitte warten!“ sagt der Beamte. Nach 5 Min. ruft der Beamte Sabine wieder zum Schalter. „Warum haben Sie kein israelisches Visum?“ Sabine erklärt ihm, dass sie in Ägypten arbeiten möchte und ihr Arbeitgeber ihr schrieb, dass es Probleme mit dem Arbeitsvisum geben könne, wenn sie einen israelischen Stempel im Pass habe. Daher hätten wir uns bei der Einreise bemüht, keinen Stempel zu bekommen.
Der Mann verschwindet, einige Minuten später erscheint ein anderer. Wieder dieselbe Frage, dieselbe Erklärung, auch er verschwindet für ein paar Minuten und fragt dann nach unserem Flugticket. Frank kramt seinen Flugschein heraus, Sabine hatte ihren schon am Flughafen verloren, und der Mann verschwindet wieder. Zwischenzeitlich trifft der Konsul ein. Die Angestellten springen auf, machen tiefe Bücklinge, öffnen dem Konsul die Türen, bringen ihm Tee und Zigaretten und machen seiner Exzellenz das Leben angenehm. Nach wenigen Minuten taucht wieder ein Adept auf und bittet uns, ihm zu seiner Hoheit folgen. Wir werden durch einige Räume in das Zimmer des Konsuls geführt. 1000 Dinge gehen uns durch Kopf. Wir werden freundlich und mit Handschlag begrüßt, nehmen Platz und warten auf das, was nun kommt. „Sprechen Sie Englisch?“ – „Yes!“ „Wie lange wollen Sie in Ägypten bleiben?“ —– Was will er wissen? Was soll man sagen? „Wir möchten gerne in Ägypten arbeiten und der Vertrag geht über 2 Jahre.“ „Wo arbeiten Sie?“ Wenn man nicht weiß, was in dem anderen vorgeht, worauf er hinaus will und warum man in das Büro des Konsuls gerufen wird, vermutet man schnell hinter jeder Frage eine Fangfrage, und wir waren nicht sicher, ob die Wahrheit die richtige Lösung ist. „Deutsche Schule Alexandria!“ „Meine Kinder sind alle auf einer deutschen Schule gewesen!“, erzählt er, und das Eis ist gebrochen. Da wir mit Fahrrädern unterwegs seien, sei es als Repräsentant seines Landes seine Aufgabe uns zu warnen, mit dem Fahrrad durch den Sinai zu fahren, da es zurzeit dort nicht sehr sicher sein. Besser wäre es, mit dem Bus oder Taxi nach Sharm el Sheikh zu reisen. In den Städten sei die Sicherheit kein Problem.
Wir plaudern noch eine Weile, bekommen anstelle des beantragten Visums für einen Monat ein zwei Monate gültiges Visum und das auch noch gratis. Zum Abschied händigt uns der Konsul seine Visitenkarte aus, auf die er seine private Nummer schreibt, für den Fall, dass wir mal in Kairo seien, er fahre sehr häufig in die Hauptstadt zu seiner Familie. Bewaffnet mit unserem Visum fahren wir zum nächsten Shopping-Center in Elat, erstehen eine Landkarte Ägyptens und bereiten uns langsam auf die Reise in das Land der Pharaonen vor.

✦✦✦

Israel war vielleicht nicht das schönste Land, welches wir bereisten. Und schon gar nicht das billigste. Aber vielleicht das spannendste, es hat uns sehr viel abverlangt, uns aber auch mit Geschichte, Kultur und schönen Landschaften entlohnt. Besonders überrascht waren wir aber über die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen und auch über deren Vorurteilslosigkeit. Und wir kommen beide zu dem Ergebnis: Israel mit dem Fahrrad? Immer wieder!
Aber nie nie nie mehr im Sommer!!!

Ein paar Details

Strecke: 380,57 Kilometer
Etappen: 7
Anstieg: 3715m | Abstieg: 3633m

= Unterkunft: C = Camping | H = Hotel | P = private Unterkunft, Pension
Etappen in Israel
Datum Etappe von – nach km km total Zeit HöhM Temp.
30.06.2011 Flug Larnaka – Tel Aviv (ISR) 345 4055 1:20 ./. 31° H
30.06.2011 Tel Aviv – Bet Shemesh 38:78 4094 2:55 395 30° P
01.07.2011 Bet Shemesh – Jerusalem 44:17 4138 4:55 966 30° P
04.07.2011 Jerusalem – Be’er Sheva 92:43 4230 6:04 762 33° P
05.07.2011 Be’er Sheva – Tlalim 40:26 4271 2:50 205 35° P
06.07.2011 Tlalim – Mitzpe Ramon 50:65 4321 4:00 646 36° P
07.07.2011 Mitzpe Ramon – Kreuzung 40/13 62:13 4383 3:57 446 45° P
07.07.2011 Autofahrt Kreuzung 40/13 – Grofit 25 4383 0:35 ./. 44° P
10.07.2011 Grofit – Elat 52:15 4435 2:55 92 42° P

Kommentare / Fragen zum Beitrag ?

Die E-Mail-Adresse wird nicht publiziert, erforderliche Angaben erkennt man am *.