Weit und wild


Es ist der letzte Abend im Nationalpark Mana-Pools und während um uns herum langsam die Tierwelt aus nachmittäglichem Dösen erwacht und mit viel Getöse auf Nahrungssuche geht, sitzen wir immer noch an den Gestaden des Zambesi-Flusses und starren gedankenverloren auf die gegenüberliegende Uferseite nach Sambia hinein. Und bald ist – ohne viele Worte – der Entschluss gefasst, in das Nachbarland und den berühmten South Luangwa-Nationalpark einzufallen. Wir sind uns auch schnell einig, dass es nur ein kurzer Besuch werden soll, denn über kurz oder lang werden wir das Abenteuer im südlichen Afrika beenden müssen.
Gedacht und getan, am nächsten Morgen wird das Campinggerümpel wieder ins Wageninnere verfrachtet, eine Horde Grünmeerkatzen-Affen nutzt unsere Unaufmerksamkeit und ist mit unserem Frühstück auf und davon, ehe wir Atem holen können. Noch einmal geht auf Tsetse-verseuchter Holperpiste Richtung Parkeinausgang und schneller als ein (Damen-) Friseurbesuch dauert, sind wir an der simbabwisch-sambischen Grensche, äh, Grenze.
Zum ersten Mal auf dieser Fahrt verzögert sich der Landeswechsel, da man es mit einem übereifrigen Grenzbeamten zu tun hat, der uns die (wahre) Geschichte betreffend der Namensverwechselung in den Fahrzeugpapieren nicht abkaufen will. Was folgt ist ein endloses Palaver, vielleicht wartet der Beamte darauf, dass wir endlich die Geldbörse zücken, vielleicht ist er wirklich gesetzestreu… Da wir keine Anstalten machen, sein Büro zu verlassen oder uns von unseren US-Dollars zu trennen und ihn ausdauernd darum ersuchen, die Behörden in Südafrika zu kontaktieren, gibt er endlich auf und lässt uns ziehen, nicht ohne vorher eine ernste Warnung auszusprechen. Ach, was wären wir ohne die Wahrer und Hüter des Gesetzes? Wie einfach wäre das Leben…

Grünmerkatzen / Simbabwe
Ohne Milch sind Frühstücksflocken doch sehr trocken…

Was in Simbabwe ewig währt, geht in Chirundu auf sambischer Seite umso schneller.“Tach…, Pass, Autopapiere…murmel, murmel…, 30 Dollar, bitte, danke, tschüss.“ Das ist die effiziente Realisierung obrigkeitlich auferlegter Obliegenheiten, meine Herren in Simbabwe!
Egal, Chirundu wird von uns nur gestreift, denn es liegt ein riesiger Kilometer-Haufen (fast 1.000 Stück) vor uns, und wir müssen zusehen, heute wenigstens Sambias Hauptstadt Lusaka zu erreichen. Das Gedödel an der Grenze hat eine Menge Zeit konsumiert.
Wir folgen dem Highway T2 eine Zeitlang nordwestwärts durch die Ausläufer des Zambesi Escarpments und alsbald befinden wir uns auf dem Plateau, in dessen Zentrum Lusaka liegen sollte. Da man gemeinhin sich bietende günstige Gelegenheiten beim Schopfe zu ergreifen hat, verlassen wir die T2 kurz hinter Kafue, da es hier einen recht ordentlichen Campingplatz gibt. Wer weiß, wie die Verhältnisse vor Ort in der Hauptstadt sind. Auch wenn der Platz durch unzählige und feierlaunige Overlander-Reisende verstopft ist, bleiben wir zwei Nächte und versuchen Lusaka irgendetwas abzugewinnen (leider teilt die Stadt das Schicksal vieler afrikanischer Großstädte: die Reizarmut), drücken mal das rechte, mal das linke Auge zu, es wird nicht besser… So nimmt es nicht Wunder, dass wir bald wieder auf Reisen sind, unseren Land Rover um 90 Grad drehen und in Richtung Osten und ins Landesinnere fahren.

Zambesi Escarpment / Sambia
Zambesi Escarpment / Sambia
Findeco House / Lusaka
Findeco House – Lusakas (einziges?) Gebäude mit Wiedererkennungswert

Die nächsten 400 bis 500 Kilometer auf der Great East Road T4 (die ihrem Namen angesichts ihres Zustands nicht viel Ehre erweist, besser wäre Long East Road, das träfe es vielleicht) sind etwas eintönig, wären nicht die vielen kleinen Dörfer am Straßenrand, in den sich das ländliche Leben spiegelt und gäbe es nicht viele Knuffe und Püffe vom jeweiligen Beifahrer…, die Gefahr einzuschlafen, wäre nicht auszuschließen. Bei Kilometer 240 haben wir das erste Mal freie Sicht auf den Luangwa-Fluss, den viertgrößten Fluss Sambias und Namensgeber des wohl bekanntesten Tierparks im Land. Zudem ist der Luangwa die Grenze zwischen der Lusaka-Provinz und der Eastern-Provinz, der Wechsel der Regierungsbezirke schlägt sich jedoch nicht in einer Änderung dessen nieder, was man durch die staubigen Scheiben des Land Rovers sehen kann. Es wird gefahren, was das Material hält und am späten Nachmittag erreichen wir Chipata mit einem Gefühl in Haupt und Gebein, als hatte man uns auf eines der Räder des Land Rovers geflochten. Der Campingplatz ist schön und ruhig und mit einer netten Aussicht auf die Ortschaft.

Warum denn einfach, wenn es auch schwer geht? Und warum gibt es zu jedem Ja auch gleich ein Aber dazu? Doch der Reihe nach… Von Chipata ist es nicht mehr weit bis zum South Luangwa Nationalpark, nun gut, 130 Kilometer werden es schon sein. Noch unter dem Eindruck der etwas gleichförmigen und nicht enden wollenden Reise aus Lusaka in den Osten glauben wir, uns von ausgetretenen Pfaden verabschieden und quer durch das Land zum Park fahren zu müssen. Das ist grundsätzlich auch möglich: Am westlichen Ortseingang (GPS: -13.630988,32.599761) beginnt eine Schotterpiste, der man für vielleicht 90 Kilometer horizontal Richtung Westen bis zur Msoro Mission folgt, wichtig ist dabei, an keiner Kreuzung abzubiegen. Von der Mission wird es noch schottriger und man folgt der Piste gen Norden und entlang des Matizye River bis zur Ortschaft Masumba (knapp 50km) und gelangt hier wieder auf die D104, jetzt sind es bis Kakumbi an den Toren des South Luangwa Parks nur noch etwa 20 Kilometer. Die Fahrt ist als solche recht interessant und abenteuerlich, da wir weder über ein GPS-Gerät noch andere Navigationshilfen – abgesehen von einer Papierkarte und einem Kompass – verfügen. Die Landschaft unterscheidet sich allerdings kaum von der der vergangenen Tage, lediglich die Bewohner der kleinen Siedlungen, durch die wir fahren, machen größere Augen und glauben, selbigen nicht trauen zu können. Gewonnen haben wir durch den Abstecher allerdings nichts, verloren hingegen auch nicht, also…
Am Ufer des Luangwa-Flusses suchen wir uns einen Campingplatz nach dem „Ene, mene, muh“-Prinzip, die Preise für einen Stellplatz sind fast identisch, gleiches gilt für das Angebot. Während wir noch unsere sambischen Kwacha (Währung Sambias) dahinblättern, werden wir Zeuge, wie ein russischer Besucher mit einem Hubschrauber eingeflogen wird… Respekt! Das ist auch eine Art des Reisens… Rotgülden geht die Sonne am Luangwa unter, man sitzt auf wackeligem Campingstuhl, malt sich im Geiste aufregende Abenteuer für die nächste Zeit aus, lauscht den Geräuschen des erwachenden Buschs und beschließt so einen weiteren ereignisreichen Tag im wilden Afrika.

Dorf nahe Masumba / Sambia
Dorf nahe Masumba
Luangwa River / Sambia
Luangwa River
Sonnenuntergang am Luangwa-Fluss / Sambia
Sonnenuntergang am Luangwa-Fluss

Tierwelt im South Luangwa Nationalpark


Ganze zwei Tage werden wir im South Luangwa Nationalpark bleiben, das ist nicht lange und wir hatten uns eigentlich mehr vorgenommen. Ganz handfeste Gründe sprechen jedoch gegen einen längeren Verbleib, zum einen fehlt die Zeit, außerdem das Geld (im Park wird tageweise, pro Person plus Gebühr für das Fahrzeug abgerechnet) und um diese Jahreszeit ist es wirklich unerträglich heiß in Sambia, viele Tiere verstecken sich des Tages und werden erst bei Anbruch der Dämmerung aktiv. Leberwurstbaum (Kigelia africana)
Leberwurstbaum
Dann allerdings ist man gehalten, wieder zurück im Camp zu sein. Und: wir haben unsere Hausaufgaben nicht gemacht und fahren recht ziellos durch die Gegend (und sind froh, am späten Nachmittag wohlbehalten am Campingplatz aufzutauchen). Ach ja, außerdem trauen wir unserem Land Rover nicht wirklich über den Weg…
Der Nationalpark erstreckt sich über eine Fläche von mehr als 9.000 km² und ist Heimat für vielleicht 60 verschiedene Landtier- und rund 400 Vogelarten (in ganz Sambia gibt es derer 732) und gilt damit unter Fachleuten als einer der tierreichsten Parks des südlichen Afrikas. Das Luangwa-Tal erlebt wenigstens zwei Jahreszeiten, der Winter ist trocken mit relativ dürrer Vegetation, im Sommer stehen Wildblumen in Blüte und sorgen mit Mopane- und Eisenbaum, Winterdorn und Tamarindenbaum für ein Farbenspektakel und spenden wohltuenden Schatten. Seltsam, gerade die Bäume sind es, die einen Aufenthalt im Luangwa-Tal für uns zu etwas Besonderem machen, eine derart reiche Vegetation konnten wir bisher in keinem der besuchten Wild-Parks ausmachen und wir glauben, hier auch zum ersten Mal (bewusst) den Leberwurstbaum mit seinen bis zu 8 kg schweren und mit reichlich Wasser gefüllten Früchten gesehen zu haben…
Neben einiger Löwen werden wir Elefanten, Büffeln und Flusspferden angesichtig, eine Hyäne hier und eine dort, ein Haufen Antilopen läuft uns vor die Kamera und am Luangwa River können wir Krokodile beim Sonnenbad beobachten. Alles in allem ein lohnenswerter Ausflug in einen äußert interessanten Nationalpark. Und noch während wir mit gezogener Handbremse über staubige Piste holpern, wird der Entschluss gefasst, einen kleinen Ausflug in das naheliegende Nachbarland Malawi zu unternehmen.

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Nur ungern fahren wir einen Weg zweimal und zudem ist die Entscheidung gefallen, Malawi von Nord nach Süd zu bereisen. So ergibt es wenig Sinn, nach Chipata zurückzukehren, vielmehr verlassen wir den South Luangwa Park über Mfuwe und folgen dem weiteren Verlauf der D104 in nördlicher Richtung. Etwa 30 Kilometer hinter Kakumbi geht es durch das Milyoty Gate in den Nsefu Sector des South Luangwa Parks hinein, hinter dem Tor fährt man entweder weiter nördlich, um den Park am Chikwinda Gate wieder zu verlassen, eine bessere Idee ist jedoch, den Riverside Drive am Luangwa River zu nehmen, um noch einmal die Schönheit der Gegend in vollen Zügen zu genießen. Warum wir dies nicht tun, lässt sich im Nachhinein nicht mehr klären, es muss mit den oben bereits genannten Gründen zu tun haben. Die Hauptroute durch den Nsefu Sector ist dann auch lange nicht mehr so interessant, es geht durch eine paar kleinere Flüsse und trockene Flussbetten, vorbei an vielen kleinen Siedlungen. Bis Chitunglu geht es über Stock und Stein und am frühen Nachmittag erreichen wir Lundazi und bereiten uns für den Grenzübergang nach Malawi vor.
Sambia ist ein schönes und interessantes Land mit unzähligen Nationalparks, reichhaltigem Wildtierbestand und freundlichen Menschen. Es ist wirklich schade, dass wir uns für dieses Land nicht mehr Zeit genommen haben.

Ein paar Details

Die Kosten für den Lebensunterhalt in Sambia sind im Durchschnitt etwa so hoch wie in Südafrika. Im Vergleich zu Europa sind Grundnahrungsmittel etwas günstiger, das Gleiche gilt für Auto-Kraftstoffe und Kleidung. Ohne Eintritte und Benzin kann man mit täglichen Ausgaben von etwa 20 €/P rechnen, je nach Anspruch mehr oder weniger. Es gibt (wohl) keine Vergünstigungen in Bezug auf den Eintritt in die Nationalparks wie etwa in Südafrika („Wild Card“).
ca. 1100 Kilometer
Übernachtung in:
Lusaka – Eureka Camping Park, relativ ruhiger Platz 10 km südw. von Lusaka an der T2 (Kafue Road), GPS: -15.503527,28.264260
Chipata – Dean’s Hill View Lodge, Plot 3278, Kanjala Hill, Chipata, GPS: -13.634445,32.625704
South Luangwa NP – Track & Trails River Camp, Mfuwe ,Zambia, GPS: -13.100002,31.792999
Eintritt usw.:
South Luangwa NP – US-$20/25/Tag (Res./Int.), US-$ 15/30/Tag (Fahrzeug)

Reiseroute


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