Berge, Täler & Seen
Auf halbem Weg unterbrechen wir unsere Reise in den Wilden Westen Tasmaniens, um einen Abstecher zum wohl besten Zugpferd Tasmaniens zu machen, dem Cradle Mountain Nationalpark. Die Zufahrt zum nördliche Teil des Nationalparks gelingt am besten über die A10 von Wynyard (110 km) oder Burnie (100 km) bis zum Abzweig C132; von Launceston kommend ist der Weg über Deloraine (B12) und Cethana (C138) weit umständlicher (141 km, und für Wohnmobile machbar?).
Der Cradle Mountain ist mit 1545 Metern der zweithöchste Berg und verdankt seinen Namen (cradle = Wiege) seiner etwas seltsamen Form, die an eine Wiege erinnern soll. Dabei hatte man allerdings keine Babywiege im Sinn, sondern ein Werkzeug, mit dem Bergleute wertvolles Gestein von wertlosem trennten. Ansonsten ist der Berg – nach unserer Auffassung – nicht gerade spektakulär, was den Reiz des Cradle Mountain Nationalparks ausmacht, ist eher das „Gesamtpaket“ bestehend aus Fels, Flora, Fauna und Gewässer. Die Gegend um den Berg, ehemals vom Gletschereis bedeckt, ist ursprünglich von Aborigines bewohnt, die aber nach Ankunft des „weißen Mannes“ weichen müssen (denn der weiße Mann will grundsätzlich alles und alles für sich selbst haben). 1831 erstmalig bestiegen wird die Umgebung des Berges nach den Ideen des weißen Mannes zunächst wirtschaftlich – im Form von Holzschlag und Bergbau – genutzt, aber bereits 1922 dank dem Österreicher Gustav Weindorfer zum Schutzgebiet erklärt, das sich in der Folge immer weiter ausdehnt und das Interesse der UNESCO weckt, die es zum Weltnaturerbe erklärt.
Flora & Fauna am Cradle Mountain
Am Nachmittag erreichen wir das Nordtor des Nationalparks, in dessen Nähe ein Campingplatz Übernachtungsmöglichkeiten bietet (Achtung: in der Hochsaison ist eine Vorbuchung ratsam.). Da jeder Ankömmling einen Stellplatz zugewiesen bekommt, ist es nicht nötig, mit einem Handtuch oder Ähnlichem sein Standrecht einzufordern. Dies umso weniger, als der fahrbare Untersatz auf dem Campingplatz verbleiben kann, die Parkverwaltung hat einen Shuttle-Service zu den wichtigsten Orten innerhalb des Parks eingerichtet. Dieser Service ist kostenlos, soweit man Inhaber des Park-Passes ist.
Der Cradle Mountain Nationalpark ist ein Paradies für Wandervögel und Naturfreunde. Ob Tages- oder Mehrtagesbesucher, es stehen Wanderungen für jeden Geschmack und jede Leistungsfähigkeit zu Gebote, die Palette reicht vom 10-minütigen Rainforest Walk bis hin zum 81 Kilometern langen und in der Welt bekannten Overland Track, der mittlerweile so beliebt ist, dass für die Zeit Oktober bis Mai eine Vorbuchung notwendig und der Transfer eines nicht unerheblichen Geldbetrages notwendig ist.
Das Besucherzentrum des Parks ist eine gute Informationsquelle, hier bekommt man Bücher, Post- und Landkarten, auf letztere kann man aber ganz gut verzichten, da viele der kleineren Wandertouren gut beschildert sind, zudem handelt es sich bei einer Reihe von Touren um sogenannte Boardwalks, man läuft auf Holzstegen, was die Gefahr des Sich-Verlaufens erheblich reduziert. Einen ersten Überblick über mögliche Wanderung kann man sich in der herunterladbaren Broschüre der Parkverwaltung verschaffen (Update: Die Broschüre ist nicht mehr erhältlich, eine Übersicht über die Walks findet man jetzt nur noch auf der Webseite ).
Obgleich dicke Wolken am Himmel sich in Kürze zu erleichtern drohen, es aber nur schlechte Kleidung und kein schlechtes Wetter gibt, machen wir uns auf den Weg und lassen uns im Shuttle-Bus bis zum Dove Lake schaukeln. Von der Wanderung um den Cradle Mountain sehen wir angesichts der Wetterlage ab, auf einem kleineren Kringel vertreten wir uns die Beine und auch am nächsten Tag wandern wir in knapp 4 Stunden nur vom Dove Lake zurück zum Parkeingang (Cradle Valley Boardwalk).

Das Wetter am und um den Cradle Mountain gehört nicht zum Besten, was Tasmanien zu bieten hat. Mehrere Sonnentage in Folge sind hier eher die Ausnahme. In der Nacht sinken die Temperaturen – auch im Sommer – gerne mal in den einstelligen Bereich. Daher: Regenzeug und etwas Warmes zum Anziehen nicht vergessen!
Nach zwei Tagen am Cradle-Berg brechen wir noch einmal in den Wilden Westen der Insel auf, bevor wir nach Stopps in Strahan und Queenstown wieder zum Cradle Mountain Nationalpark – diesmal am Südeingang – zurückkommen. Von hier aus hat man Zugang zum Lake St. Clair, dem tiefsten natürlichen Süßwasser-See Australiens (167 m). Von den Aborigines Leeawuleena (Schlafendes Wasser) genannt, wechselt der See einige Male den Namen, bis er 1835 nach einer Familie St. Clair benannt wird. Bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts wird der See zum Touristenziel, 1922 wird er gemeinsam mit dem Cradle Mountain zum Schutzgebiet erklärt. Wie in vielen anderen Nationalparks bietet der St. Clair-See viele kurze oder längere Wandermöglichkeiten durch den Regenwald, daneben ist eine Fahrt mit der Fähre auf dem See bis zur Narcissus Hut und zurück (viele Overland Tracker beenden ihre Wanderung dort und lassen sich zum Ende des Sees schippern) möglich und für Angler bietet der See reiche Jagdgründe. Wir laufen einige Zeit an den Ufern des schönen Sees entlang, auf den Spuren des Overland Tracks (Wanderer sehen wir nicht), an der Platypus Bay warten wir eine Zeitlang auf Schnabeltiere, die heute aber andere Pläne zu haben scheinen und schon bald brechen wir auf zu unseren letzten Zielen in der Mitte Tasmaniens.
Geografisch gesehen umfasst die Mitte Tasmaniens eigentlich das Gebiet zwischen Hobart und Launceston, oder die Midlands (nördlich von Hobart) und das Central Plateau (südlich von Launceston). Während die Midlands relativ flach (bis hügelig) sind und landwirtschaftlich genutzt werden, ist das Central Plateau ein einsames bergiges Gebiet mit vielen Seen, das zum Teil auch schwer zugänglich ist. Das Wanderparadies Walls of Jerusalem etwa kann nur zu Fuß erreicht werden. Leider fehlt uns die Zeit, das Central Plateau weiter zu bereisen und wir beschränken uns nach unserem Abstecher in den Süden Tasmaniens auf eine Stippvisite in den Midlands.
Wer durch die Midlands fährt, wird sich vielleicht wie in Mittelengland fühlen: kleine Dörfer mit Häusern im Cottage-Stil, die sich in eine hügelige Landschaft fügen oder grüne Flusstäler säumen, Schafherden auf satten Weideflächen, die hier und da von goldgelben Kornfeldern umgeben sind… Und die Midlands sind das Land der Brücken, die notwendig wurden, als man damit begann, eine Verbindungsstraße zwischen den beiden wichtigsten Städten der Insel – Hobart und Launceston – zu bauen. Waren die Brücken erst fertig, stellten sich auch bald Siedler ein, Dörfer schossen wie Pilze aus dem Waldboden. Zu den Schmuckstücken dieser Siedlungen gehört – entlang dem Midland Heritage Highway B31 sicherlich Richmond mit der ältesten Brücke (1823) und der ältesten Kirche Australiens (1837, St. John’s Church), im Zentrum des Dorfes gibt es gut erhaltene Häuser kolonialer Architektur aus den 20ern des 19. Jahrhunderts. Ist man von Richmond auf dem Weg Richtung Launceston bietet sich zudem der Besuch der Dörfer Oatlands, Ross und Campbell Town an, die alle mit Kleinodien georgianischer Architektur aufwarten.
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Der vorige Abschnitt gehört nur thematisch in diesen Bericht, vom Lake St. Clair brechen wir sofort in den Süden der Insel auf, alles andere wäre ein unökonomischer Umweg. Die A10 verläuft in östlicher Richtung durch das obere Derwent Valley und durch 40 Kilometer einsame Landschaft, die von Feldern oder Wäldern geprägt ist. In Höhe der Bronte Lagoon folgt ein scharfer Knick des Lyell Highway in den Süden und die Straße verläuft entlang des Nive River, der im Weiteren mehrfach zur Stromgewinnung gestaut wurde und einige künstliche Seen entstanden, die gern zum Fischen genutzt werden. Das gleiche Schicksal ereilte den Derwent River im Osten, der gar über sieben Stufen gestaut ist. In Höhe der kleinen Ortschaft Ouse ist mit der Fahrerei für heute dann Schluss, bevor die Sonne in Gänze untergeht, schlagen wir unsere Zelte am Cluny Dam auf, für die nächsten Tage sind der Besuch des Mt. Field Nationalparks und des Styx Valley geplant.
Am Lake Meadowbank, eine der letzten Staustufen des Derwent River verlassen wir den Lyell Highway und folgen der C608, die sich ihren Weg durch hügeliges Gelände bahnt, dass zur Vieh- und Landwirtschaft (vor allem Hopfenanbau) genutzt wird. Nach einigen Kilometern durchqueren wir die kleine Ortschaft Ellendale, bis wir am Tyenna River erneut abbiegen müssen, die B61 wird uns hoffentlich zum Nationalpark bringen. In der kleinen historischen Ortschaft Westerway lohnt sich ein kurzer Stopp, um etwaige Mangelerscheinungen in Bezug auf Vorräte auszugleichen, außerdem bekommt man hier herrlich frische Beeren jedweder Art und kann noch einmal deftig speisen. Von Westerway sind es dann nur noch eine Handvoll Meilen bis zum Mt. Field Nationalpark.
Übernachtung in
Cradle Mountain Nationalpark – Discovery Park, Cradle Mountain Rd, groß und zentral, aber sehr teuer.
Wayatinah – Wayatinah Lakeside Caravan Park, 131 Wayatinah Rd, 7140 Wayatinah, netter Platz am See
Eintritt usw.:
Cradle Mountain NP – entweder Tageskarte für Aus$ 16,50 kaufen oder den National Park Holiday Pass – (Aus$ 60 / Aus$ 30)